Jonquères d’Oriola: Fine Wine aus dem Roussillon

Im Mai fand in Berlin die Veranstaltung „Mikrokosmos Roussillon: eine Region, viele Facetten“ statt. Veranstaltet vom Deutschen Roussillon-Weinbüro und dem Conseil Interprofessionnel des Vins du Roussillon wurden dabei 60 Muster aus allen wichtigen Anbaugebieten verkostet. Erst im Anschluss daran lernte ich die beeindruckenden Weine von William Jonquères d’Oriola kennen. Hier ist ihre Geschichte.

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Er war einer der leidenschaftlichsten Advokaten des Roussillons an diesem Tag. Aber William Jonquères d’Oriola durfte seine eigenen Weine nicht präsentieren. So waren die Regeln. Präsentieren und Kontakte knüpfen durften nur Winzer, die keine eigenen Weine ausstellten. Welch eine glückliche Fügung, dass William dann gemeinsam mit Erik Aracil, dem Vizedirektor und Exportleiter des Branchenverbands, mein Tischpartner beim anschließenden Dinner war. Noch am gleichen Abend war mir klar, dass ich seine Weine verkosten musste. Und nur wenige Tage später stand eine Auswahl seiner besten Cuvées auf meinem Schreibtisch.

Ein Katalane mit schottischem Blut

William Jonquères d’Oriola in Berlin

540 Jahre Weinbau feiern die Jonquères d’Oriolas in diesem Jahr. Denn im Jahre 1485 hatte die Familie die von Tempelrittern im 12. Jahrhundert erbaute Burg Corneilla del Vercol in Besitz genommen. Seitdem wird hier ununterbrochen Wein angebaut, mit William Jonquères d’Oriola in der 27. Generation. Im 20. Jahrhundert geriet die Weinbautradition der Familie allerdings in den Schatten einer anderen Leidenschaft: des Sports. Tatsächlich stellte die Familie einige der bedeutendsten französischen Sportlegenden des 20. Jahrhundert. Williams Großonkel Christan-d’Oriola war vierfacher Florett-Einzel-Weltmeister und zweifacher Einzel-Olympiasieger und wurde 1947 „Sportlers des Jahres“ in Frankreich. Sein Vetter Pierre Jonqueres d’Oriola ist Frankreichs berühmtester Reitsportler und gewann als weltweit einziger Springreiter zweimal die Olympische Goldmedaille im Einzel.

William, dem seine schottische Mutter blaue Augen und rote Haare mitgegeben hat, ist ein Baum von einem Mann und er war ein leidenschaftlicher Rugby-Spieler. Aber er widmet sich vor allem dem Wein – freilich über den Umweg des Weinhandels, den er nach einem Managementabschluss in Nancy zunächst beschritt. 2011, nach einer 20-monatigen Weltreise, stieg er dann bei seinem Vater Philippe im familieneigenen Weingut mit ein. 2020 übernahm er schließlich die Leitung des 42 Hektar großen Unternehmens.

Das Weingut und seine Linien

William investierte enorm viel Zeit und Mühe in das Weingut. Begleitet von der Organisation Ver de Terre Production stellte er die Weinberge auf eine agrarökologische Bewirtschaftung mit „lebenden Böden“ um. Zentral für das eigene Portfolio sind die Flächen um das Weingut in der Roussillon-Unterzone Les Aspres, vor Kurzem aber hat er mit der Tourane-Familie das Weingut Col de Mollo auf 231 Meter in der Nachbarappellation Collioure übernommen. Das Portfolio hat er in eine ganze Reihe verschiedener Linien aufgeteilt, die teilweise den Appellationen folgen. So laufen etwa unter „Villa D’Oriola – Les Terrasses“ (überwiegend) reinsortige IGP Côtes Catalanes. Unter „Château de Corneilla – Héritage“ versammeln sich dagegen Côtes du Roussillion AOPs als klassisch Mischsätze. Der Weiße etwa mit Macabeu, Grenache blanc und Rolle (Vermentino), der Rote mit Syrah, Grenache Noir und Carignan. Daneben gibt es einige „Pleasure Wines“ wie die Reihe „Canaille“ oder den populären Rosé Gris-Gris. Aber auch die beiden schwefellosen Indigène-Weine.

Das gehobene Sortiment beginnt mit der Linie „Cavalcade“. Diese ist die einzige, in der das Weingut die Unterbezeichnung „Les Aspres“ zur Herkunftsangabe Côte-du-Roussillon Villages benutzt. Und das auch nur für den Roten, weil die AOC-Regelung die Verwendung für Weißwein und Rosés ausschließt. Diesem Trio stehen die Weine vom Col de Mollo aus der AOC Collioure gegenüber. Rot- und Weißwein unter dem Namen „Altitude 231 Mètres“ stammen von schwarzen Schieferböden in unmittelbarer Meeresnähe. Von der Herkunft ebenfalls aus „Les Aspres“, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht als solche etikettiert, sind schließlich die beiden Spitzenweine. So dominiert beim roten Les Candelles der Mourvèdre, die Lieblingsrebsorte von William, mit 80 Prozent gegenüber Syrah. Das entspricht nicht dem Pflichtenheft der Appellation, das maximal 50 Prozent vorsieht. Beim Icône (40% Grenache, 30% Syrah, 30 Mourvèdre) wäre die Angabe technisch möglich. Bei diesem Grand Vin soll freilich analog zu Bordeaux „Château de Corneilla“ im Mittelpunkt stehen.

Die Verkostung

Die Cavalcade-Linie von Château de Corneilla präsentiert terroirtypische Weine zu einem fairen Preis. Cavalcade Blanc von 2024 (60% Grenache Blanc, 20% Macabeu, 20% Rolle) zeigt klassisch weiße Steinfrüchte, etwas Kräuter, einen Hauch Holz und Bienenwachs. Am Gaumen überraschend cremig, noch recht jung und nicht überaus komplex (88 P.) Cavalcade Rosé aus dem gleichen Jahr (60% Grenache, 40% Mourvèdre) wird in der Nase von Hagebutte und roten Beeren bestimmt. Die feine, aber nicht zu süße Fruchtaromen setzen sich am Gaumen fort. Die Textur ist großzügig, aber nicht fett. Im Gegenteil ist der Wein frisch und durchaus elegant, gut gemacht, aber auch ohne zu großen Anspruch (87 P.). Cavalcade Rouge von 2022 (50% Syrah, 25% Grenache, 25% Mourvèdre) duftet nach schwarzen Früchten, zeigt aber auch florale Aromen wie Veilchen. Er ist elegant, fast aristokratisch zurückhaltend, und öffnet sich erst mit ein bisschen Luft. Das schöne Tanningerüst gibt sogar etwas Struktur (89-90 P.).

Collioure Blanc 2023 (Grenache Gris und Blanc sowie Roussanne) ist der einzige Wein der Probe, den ich nicht verstanden habe. Deutlich kühler als der weiße Cavalcade, aber aromatisch verschlossen. Etwas Macchia-Noten in der Nase, am Gaumen mit karger Textur (86 P.). Ein völlig anderes Bild bietet das Gegenstück Collioure Rouge 2022 (Mourvèdre, Grenache, Syrah). Dunkel-violett in der Farbe und mit Noten herber schwarzer Früchte, ist er am Gaumen wunderbar frisch und transparent. Dabei seidig, vielschichtig und von guter Länge (92 P.). Außergewöhnlich gut dann der Les Candelles 2020. Ein Wein mit einer unwiderstehlichen fleischig-würzigen Saftigkeit. Sinnlich und intellektuell zugleich, ist mit jedem Zoll ein Wein aus Roussillon und ein großer Mourvèdre. Aber er transzendiert sowohl seine Herkunft wie die Rebsorte (94 P.). Der Icône 2020 packt dann noch etwas an Dichte und Intensität drauf. Aber das geht etwas zu Lasten der Balance und des Trinkvergnügens. Vielleicht überdecken auch die Kaffeenoten des Holzfassausbaus auch etwas das Terroir. Dennoch ein hervorragender Wein (93 P.).

Bildrechte

Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

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