VDP.Versteigerung in Bad Kreuznach 2025: Ein Rückblick

Die VDP.Versteigerung in Bad Kreuznach ist die wichtigste Auktion trockener deutscher Spitzenweine. Am zweiten Novembersamstag des Jahres werden hier unter Federführung des VDP-Regionalverbandes von der Nahe auch Weine von der Ahr, Pfalz und aus Rheinhessen versteigert. Für Sur-la-pointe war die diesjährige Auktion ein ganz besonderes Ereignis.

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Fine Wine hat es derzeit nicht leicht. Deshalb hat sich der VDP.Nahe dieses Jahr eine besondere Maßnahme überlegt, um die 2025er Versteigerung in Bad Kreuznach noch einmal aufzuwerten. So wurde Sur-la-pointe beauftragt, eine besondere Imagebroschüre zu erstellen. Diese enthält zum einen die Geschichte der Versteigerung sowie Porträts und Verkostungsnotizen aller angestellten Weine. Abgerundet ist das Heft durch ein Vorwort von Jancis Robinson und ein Interview mit Auktionator Michael Prinz zu Salm-Salm. Tatsächlich ist gerade die Geschichte der Auktion hoch spannend. Der Vorläufer des heutigen VDP.Nahe hatte seit seiner Gründung 1912 in Bad Kreuznach versteigert – und die Auktionen erzählen wie in einem Brennglas die Vorgeschichte des deutschen Weinwunders. Hier ist die Broschüre online zu finden. Die Vorverkostung aller Wine dokumentierte darüber hinaus den aktuellen Leistungsstand deutscher Spitzenrieslinge, gerade in einem so kristallklar-puristischen Riesling-Jahrgang wie 2024. Deshalb werden meine Notizen hier noch einmal nach einem Rückblick auf die eigentliche Versteigerung abgedruckt.

Die Versteigerung in Bad Kreuznach

Wegen des nicht einfachen Jahresverlaufes in 2024 gab es in diesem Jahr eine geringere Beteiligung und weniger Losnummern. Entsprechend war bereits im Vorfeld nicht erwartet worden, das Ergebnis aus dem Vorjahr von netto 1,5 Mio. Euro zu wiederholen. Immerhin summierte sich das Ergebnis der von VDP-Ehrenpräsident Michael Prinz zu Salm-Salm versteigerten 32 Lose von 13 Weingütern auf 1.001.233 Euro (brutto: 1.251.040,63 €). Überragendes Los in Bad Kreuznach: eine Doppelmagnum 2024 Pettenthal Riesling GG vom Weingut Keller mit einem Ausrufpreis von 400 Euro, bei der schließlich bei 11.000 Euro der Hammer fiel (brutto: 13.744,50 €). Frank Schönleber, Vorsitzender des VDP-Nahe, zeigte sich mit den erzielten Ergebnissen sehr zufrieden und fasste zusammen: „Diese Versteigerung zeigt eindrucksvoll, wie relevant und begehrt deutsche Spitzenweine international sind. Der deutsche Weinbau hat auf Dauer weltweit nur dann eine Chance, wenn wir kontinuierlich nach bester Qualität streben.“

Abgesehen von diesen Eckdaten gibt der Blick in die Einzelergebnisse einige bemerkenswerte Einblicke – insbesondere im Vergleich zu den Vorjahren. Die meisten Weine notierten ausnehmend stabil (Kreuzberg, Hermannsberg und Kuhn nahezu identisch). Nicht das Ergebnis aus dem Vorjahr erreichte Caroline Diels ARA, vielleicht, weil 2020 noch etwas puristisch-eleganter als 2019 ausgefallen ist. Auch Wagner Stempels EMT erreichte nicht den hohen Preis der beiden Vorjahre (187,43 € statt 243,65 € brutto). Ähnlich ging es – auf höherem Niveau – Wittmanns La Borne (jetzt 387,35 €). Schäfer-Fröhlichs Final hielt dagegen den Vorjahrespreis, der allerdings gut 100 Euro netto unter 2023 lag. Mit 499,80 € brutto ist er freilich einer der teuersten trockenen Weine Deutschlands. Kontinuierlich gesteigert hat sich – völlig zu Recht – Auf der Ley von Emrich-Schönleber (jetzt 301,13 € brutto). Teuerster trockener Wein war übrigens Kellers Pettenthal mit 749,70 € brutto.

Etwas hinter meinen Erwartungen blieben Kellers Weine aus der Schubertslay zurück. Die 2018er Magnum wurde zu 937,13 € brutto zugeschlagen – 2022 erreichte der 21er-Kabinett in der gleichen Flaschengröße einen Netto-Steigpreis von 8.900 Euro. Allerdings waren damals nur 6 Flaschen aufgerufen – gegenüber 100 in diesem Jahr. Die (erstmals überhaupt produzierte!) Schubertslay-Spätlese konnte man bei 499,80 € (288 Flaschen) fast ein Schnäppchen nennen, zumal bei ihrer Ausnahmequalität. Die 4 Magnums hatten es zu je 2.998,80 € schon mehr in sich. Teuerster restsüßer Wein des Jahres war dann allerdings erwartungsgemäß der Eiswein aus der Brücke von Dönnhoff. Angeboten in Größen von 0,375, 0,75 und 1,5 Litern, erreichte Letztere in einer Einzelabfüllung einen Bruttopreis von 3.248,70 €. Angesichts der Tatsache, dass diese Kategorie wegen des Klimawandels vor dem Aussterben steht, ist auch das überraschend moderat.

Die Weine

1. Die Roten

J. Kreuzberg (Ahr): 2023 Devonschiefer R, Spätburgunder. Transparentes Rubinrot im Glas, dunkel-rauchiges Bouquet, mit den expressiven Noten eines auf Schiefer gewachsenem Spätburgunders, dazu Pflaume, Gewürznelken und zarter Rauch. Sehnig-kühl am Gaumen, mit präzisem Fruchtschmelz und sehr guter Länge.

Schlossgut Diel (Nahe): 2020 Pinot Noir ARA, Spätburgunder. Dunkles, fast opakes Rubinrot, in der Nase verführerische Kirscharomen, aber auch Brombeere und dunkle Schokolade. Die seidige, regelrecht luxuriöse Textur wird durch feinste Tannine und eine reife Säure geprägt. Darunter liegt freilich eine kraftvolle Struktur verborgen.

2. Die Kabinette Teil 1

Joh. Bapt. Schäfer (Nahe): 2024 GOLDLOCH, Riesling Kabinett. Blasses Gelbgrün, in der Nase noch hefig-kräutrige Gäraromen, aber auch Pfirsichhaut und reife Äpfel. Am Gaumen trotz aller Dichte fast schwerelos. Säure und Süße sind perfekt integriert, die Cremigkeit zu Beginn verwandelt sich mit Luft zu einer fast moselartigen Präzision.

F. Groebe (Rheinhessen): 2024 KIRCHSPIEL, Riesling Kabinett. Noch zurückhaltend-zartes Bouquet mit etwas Zitrusfrüchten, jungem gelben Steinobst und nur dezenten Hefenoten. Zunächst pur wie Quellwasser und sehr filigran, wird der Wein im Glas zunehmend stoffig-cremiger, bis er schließlich völlig in sich ruhend ein Statement setzt.

3. Kabinett und Spätlese von Keller

Keller: 2018 SCHUBERTSLAY (Mosel), Riesling Kabinett (60 Jahre). Ein Kabinett wie aus einem Paralleluniversum. In der Nase frischer Apfel, Zitrone, Birnenschale. Am Gaumen schlank, schwerelos, in sich völlig rund und perfekt, dabei unfassbar frisch und nahezu alterslos. Traumhaft der Akkord von Säure und Frucht. Langes Finale.

Keller: 2023 SCHUBERTSLAY (Mosel), Riesling Spätlese Alte Reben. Schöne reife Steinfruchtaromen und beträchtliche Würze im Bouquet. Auch am Gaumen dichter und vielschichtiger als der Kabinett. Aber auch jünger und noch deutlich unentwickelt. Trinkt sich bereits wunderschön und ist von beiden doch der dunklere und unergründliche Wein.

4. Sekt und Reserve

Gut Hermannsberg (Nahe) 2018 KUPFERGRUBE, Schloßböckelheim Riesling Sekt Extra Brut. Blassgoldene Farbe, puristisches Bouquet von weißen Blüten und etwas Weißbrot, auch am Gaumen noch sehr jung und mit der Präzision eines Rasiermessers. Kraftvoll in der Säure und mit belebender Salzigkeit im Abgang. Der Avize unter den deutschen Riesling-Sekten.

K. F. Groebe (Rheinhessen): 2019 KIRCHSPIEL, Riesling Grande Réserve. Feine Petrolnoten, reifes Gartenobst und etwas Holz in der Nase. Schönes Mundgefühl mit einem prächtigen Gleichgewicht zwischen Frische und Dichte. Jetzt auf einem wunderschönen ersten Plateau, aber die gute Säure und ein Hauch Restsüße versprechen noch mehr.

5. Die trockenen Rieslinge von der Nahe

Emrich-Schönleber (Nahe) 2024 AUF DER LEY, Riesling GG. Ein Riesling wie aus dem Fels gemeißelt. Frischer Weinbergpfirsich, junge Mirabellen und Bergamotte in der Nase, am Gaumen straff und sehr pur mit einer strahlenden Säure. Der Wein lässt sein ungeheures Potenzial derzeit nur erahnen, aber schon jetzt ein faszinierendes Monument.

Schäfer-Fröhlich (Nahe) 2024 Final, Riesling trocken. Mächtige kräuterwürzige Sponti-Noten in der Nase, dazu Feuerstein, gelbes Obst und Amalfi-Zitrone. Ganz großes Kino, auch wenn das derzeit kaum zu durchdringen ist. Schöne Textur, dabei trotz all der Vielschichtigkeit enorm klar und knochentrocken. So salzig, dass es auf den Lippen kristallisiert.

6. GGs aud Rheinhesse Teil 1

Wagner-Stempel (Rheinhessen) 2024 EMT, Riesling trocken. Im Bouquet Anklänge an einen Obstkorb voller Himbeeren und Aprikosen, dazwischen ein Kräutersträußchen. Trotz präsenter Säure und großer Architektur sinnlich, fast hedonistisch am Gaumen. Schon jetzt in großer Frühform und dennoch auch ein Wein für die lange Lagerung.

Philipp Wittmann (Rheinhessen) 2024 La Borne, Riesling trocken Alte Reben. Etwas Zitrus und Menthol, ansonsten noch kühl, fast abweisend. Stattdessen ist eine kraftvoll-karge Größe spürbar, eine fast einzigartige Stilistik, in der die Frucht nur zweitrangig ist. Stattliche Säure, beeindruckende Textur und die Ahnung einer Zukunft, die sich noch enthüllen wird.

7. GGs aus Rheinhessen Teil 2

Gunderloch (Rheinhessen) 2024 FENCHELBERG, Riesling GG. Sehr komplexe, weit gefächerte Nase von Sellerie, Fenchel (tatsächlich!), Mirabelle, Curry-Blättern und wilden Gärhefen. Am Gaumen schwebend und transparent. Dank einer gut eingebundenen Säure und einem Hauch Restsüße bei aller Dichte mit ausgezeichnetem Trinkfluss.

Keller (Rheinhessen) 2024 PETTENTHAL, Riesling GG. Eine Sphinx. Von allen Weinen der Versteigerung wohl der unzugänglichste und das größte Geheimnis. Noch sehr verschlossene, reduktive Nase. Am Gaumen fasziniert weniger die Säure als die enorme, fast ölige Dichte. Auch hier kaum Frucht, aber mit fast bodenloser Tiefe.

8. Ein GG aus der Pfalz und ein Eiswein

Philipp Kuhn (Pfalz) 2024 PHILIPPSBRUNNEN, Riesling GG. Zitrusfrüchte, aber auch Organgenschale und Holunderblüten in der Nase. Sehr präsentes, geradlinig-kraftvolles Mundgefühl. Wuchtig, aber nicht fett, säurebetont, aber bestens ausbalanciert. Mit seiner selbstgewissen Lässigkeit der Harrison Ford unter den Versteigerungsweinen.

Dönnhoff (Nahe) 2021 BRÜCKE, Riesling Eiswein „Mittwoch“. Verblüffend hell im Glas und einem fast dramatischen Bouquet von Litschi, Quitte und Sternfrucht. Am Gaumen ein Hauch Gletscherbonbon: unglaublich klar und sauber mit einem Säurebogen wie ein Pfauenrad und einer einzigartig dichten, cremigen Textur.

Bildrechte:

Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

Bildlegenden:

Bild 1: Die Winzer von links nach rechts: Klaus-Peter Keller, Ludwig Kreuzberg, Julia Keller, Caroline Diel, Philipp Wittmann, Johannes Hasselbach (Weingut Gunderloch), Cornelius Dönnhoff, Frank Schönleber und Fritz Groebe

2: Caroline Diel mit Kommissionärin Barbara Selbach

3: Die Kommissionäre Sebastian und Johannes Selbach mit Cornelius Dönnhoff

4: Kommissionär Ulrich Allendorf mit Fritz Groebe

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