Geschichte
Das Champagnerhaus führt seine Ursprünge auf das Jahr 1735 zurück, wo der Winzer und Küfer Jean Mandois erstmalig erwähnt wurde. Von 1832 existieren erste Aufzeichnungen über die Weinproduktion in den Kellern von Épernay. Aber erst um 1862 begann Victor Mandois mit der Herstellung eigener Cuvées. Zu dieser Zeit lag die Kellerei noch in der Rue de Grandpierre (heute Avenue Maréchal Foch), der Ausfallstraße Richtung Pierry in die Côteaux Sud d’Épernay. Erst Sohn Victor-Auguste Mandois zog dann mit dem Betrieb nach Pierry, wo er 1905 eine Kelterei samt Keller aus dem 18. Jahrhundert erworben hatte. Es ist ein historischer Ort, denn in der Kirche nebenan liegt Bruder Jean Oudart begraben, der für die Geschichte des Champagners von großer Bedeutung war. Victor-Auguste Mandois starb bereits 1922, seine Ehefrau fünf Jahre später. Mit nur noch gut 3,5 Hektar Weinbergen übernahm Sohn Henri das mittlerweile dreigeteilte Haus in den frühen 1930er-Jahren.
Unter ihm begann das Weingut wieder zu wachsen. 1950 stieg sein Sohn Michel ins Unternehmen ein, 1960 wird Champagne G[aston]. Dericbourg aus Pierry übernommen, dessen befreundeter Gründer keine Nachkommen hatte. Mitte der 1970er-Jahre beschließt Henri, Champagner unter seinem Namen zu vermarkten. Seit Michel Mandois’ Tod 1987 ist es dann dessen Sohn Claude, der die Verantwortung übernimmt. Zwei Jahre darauf nimmt das Haus den Status eines Négociants an, 2012 wird es in Champagne Mandois umbenannt. Nach dem Tod seiner Mutter Madeleine 2020 wird Claude von seiner Schwester Catherine unterstützt, die die administrative und finanzielle Leitung innehat. Inzwischen wuchs die eigene Weinbergsfläche auf 37 Hektar und auch im Keller tat sich einiges. Hier ist seit 2021 Maximilien de Billy als „Chef de cave“ tätig. 2024 wurde schließlich die spektakuläre „Gallerie Parcellaire“ eingeweiht, in der 12 der besten Parzellen aus den 17 Crus des Hauses vergären.
Stilistik
Champagne Mandois sitzt in Pierry, einer Premier-Cru-Gemeinde in den Côteaux Sud d’Épernay. Weinbaulich ist dies eine Übergangszone zwischen den von Chardonnay dominierten Côte des Blancs und dem Vallée de la Marne, wo die Rotweinsorten und vor allem Meunier dominieren. Der 1,5 Hektar große „Le Clos“, den die Familie in drei Etappen zwischen 1905 und 1982 erworben hat und auf dem 1955 gepflanzte Meunier-Reben stehen, ist daher zu Recht der Stolz des Hauses. Ansonsten stehen die Reben der Familie in 12 Gemeinden auf 37 Hektar. Prominent vor allem im Grand Cru Chouilly und im Premier Cru Vertus, aber auch in Bethon im Sézannais. Seit etwa 2000 beschäftigt sich Claude Mandois mit dem naturnahen Weinbau, mittlerweile werden auch eine Reihe der Prinzipien der Biodynamik angewandt.2020 wurden die 23 Hektar, die Pierry am nächsten liegen, biologisch zertifiziert. Die eigenen Weinberge liefern freilich nur 70 Prozent des Bedarfs, den Rest kauft das Haus dazu.
Seit Jahren werden die Grundweine für die Mandois-Champagner zumeist in Stahltanks ausgebaut, mit einem Anteil in Holzfässern unterschiedlicher Größe, der je nach Cuvée zwischen 10 und 30 Prozent variiert. Eine Ausnahme ist nur der Clos, der komplett im Holz fermentiert. Er ist auch der einzige Champagner des Portfolios, in dem die malolaktische Säure komplett blockiert wird. Mit der 2024 fertiggestellten „Gallerie Parcellaire“ wird sich in Zukunft der Holzanteil wohl erhöhen. Zudem wird sich bald der Einfluss der neuen tulpenförmigen Zementtanks erweisen. Grundsätzlich setzt Champagne Mandois natürliche Hefen und eine lange, teilweise sehr lange Flaschengärung. Diese wird unterstützt durch die perfekten Reifebedingungen in den Kelleranlagen von 2 Kilometer Länge. Ein Keller aus dem 18. Jahrhundert trägt als Hommage an den nur wenige Meter weit entfernt begrabenen Champagner-Mönch den Namen Cave Oudart. Die Dosage ist moderat bis niedrig. Beachtliche 30 Prozent der Champagner werden als Vintage-Cuvées ausgebaut.
Portfolio
Die Einstiegslinie von Champagne Mandois präsentiert sich zunächst wie die eines traditionellen Handelshauses. Brut Origine ist die klassische jahrgangslose (und zart vom Holz geküsste) Einstiegscuvée. Aktuell vom Basisjahrgang 2021 sowie drei Reserve-Jahrgängen. Bei Mandois dominiert der Chardonnay mit 70 Prozent den Rebspiegel, entsprechend ist dieser auch hier mit 40 Prozent die Leitrebe (plus je 30% PN|PM). Ihm zur Seite steht ein Brut Zéro (nach der gleichen Formel, aber mit reiferen Grundweinen, aktuell mit Basis 2019) sowie für manche Vertriebsgebiete auch ein Demi-sec. Und schließlich ein Rosé Grand Reserve. Der wird sehr individuell zubereitet: Es ist ein Rosé d’Assemblage, es wird also vor der Flaschengärung zu den weiß gekelterten Grundweinen (40PM|30PN|30Ch) 10 Prozent farbige Stillweine hinzugefügt. Diese 10 Prozent bestehen zur Hälfte aus klassisch ausgebauten Rotweinen und zur Hälfte aus Rosé de saignée, also Roséwein, der aus dem Ausbluten der roten Trauben gewonnen wurde. Daraus soll ein besonders eleganter Rosé-Champagner entstehen.

Die eigentliche Spezialität zeigt sich bei den Vintage-Champagnern. Hier gibt es gleich zwei Linien, einmal die Reihe 1735 mit einem Blanc de Blancs Millésimé und einem Blanc de Noirs Millésimé, beide zu 20 Prozent im Holz ausgebaut. Und schließlich, nach dem Gründer des Hauses, die Reihe Victor. Hier steht aktuell neben einem Victor Rosé Millésimé Vieilles Vignes auch der zweite Vintage-Chardonnay: Victor Blanc de Blancs Millésimé Vieilles Vignes. Beide sind länger gereift als die klassischen Jahrgangschampagner und kommen mit einem 30 Prozent Anteil auch stärker mit Holz in Kontakt. Das kürzlich vorgestellte Blanc-de-Blancs-Paket „Terroirs“ mit jeweils einem Vintage-Cru 2015 aus Vertus und einem aus Chouilly wurde bisher nicht fortgeführt. Nach wie vor die Spitze des Sortiments bildet der mit dem Jahrgang 2004 erstmals vorgestellte Einzellagen-Champagner Le Clos aus Pierry, ein reinsortiger Pinot Meunier. Dieser wird vor der Flaschengärung acht Monate ungeklärt und ungefiltert in Demi-muids (also 600-Liter-Fässern) ausgebaut.
Verkostung
Den Anfang macht bei Champagne Mandois ein ausgesprochener Duft-Champagner. Der Brut Origine zeigt mit seinen Zitrus- und Mandarinennoten, die im Hintergrund von Steinfrüchten und zart-hefiger Würze eingerahmt werden, ein ausgesprochen verführerisches Bouquet. Die Perlage zeigt sich frisch, aber nicht überschäumend. Eine milde Säure bildet am Gaumen mit feiner Fruchtsüße (7 Gramm Dosage) und schöner Textur ein rundes, elegantes Ganzes. Ein gelungener Aperitif (deg.2/25, 89p.)! Der Brut Nature knüpft hieran an und ist in dieser Assemblage (mit 2019 als Basisjahrgang) sogar ausgesprochen gelungen! Birnen, Himbeeren, Feigen, dazu Walnüsse und Brioche in der Nase bei einer sehr kultivierten, feinen Mousse. Wirkt auch am Gaumen etwas dunkler als der Origine, mit etwas Phenolik und guter Säure. Ziemlich lang und durchaus komplex, sehr überzeugend (deg. 1/24, 91p). Damit kann der Blanc de Blancs 2020 Brut derzeit nicht mithalten. Exotische Nase mit Ananas, Pfirsich und weißen Mandeln in der Nase, zeigt er sich recht reif und etwas kurz am Gaumen. Die Säure ist da, ich vermisse etwas das Spiel und die Eleganz (deg. 11/24, 90p.).
Wieder überraschend dunkel und komplex zeigt sich dagegen der Victor Blanc de Blancs 2013 Vieilles Vignes Brut. Im Bouquet finden sich Mirabellen, Äpfel, Kaktusfrüchte und Cashew-Nüsse, vor allem aber vielschichtige autolytische Brioche-Noten. Für den spät reifen 2013er-Jahrgang überraschend reif in der Säure, mit beinahe cremiger Textur (deg. 12/24, 92–93p.). Komplexe Fruchtigkeit dominiert dagegen beim Victor Rosé 2016 Vieilles Vignes Brut, einer Assemblage aus 90% Chardonnay und 10% Meunier aus Pierry. Die Aromen von Äpfeln, Erdbeeren und Pflaumen, mit Belüftung auch Orangenzeste und Mandarinen, stammen von merklich reifem Lesegut. Die Wärme des Jahrgangs setzt sich mit Großzügigkeit und schöner Balance auch am Gaumen fort, vielleicht nur etwas kurz (deg. 12/24, 92 P.). Der Clos Mandois 2012 Brut (100 Prozent Meunier) trägt die Aufschrift „After Dinner“ auf dem Rückenetikett. Tatsächlich ist er ein sehr anspruchsvoller Champagner, der die ganze Aufmerksamkeit fordert. Im Glas wie eine ungeschminkte Diva, mit kandierten Früchten, Limonenzeste, trockenem Honig und etwas Toast. Am Gaumen strukturiert, säurebetont und charaktervoll, mit einem langen salzigen Finish (ohne Degorgier-Angabe, 95p.).
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Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images