12.100 Besucher waren es dieses Jahr, die den Weg nach Berlin gefunden hatten. Das waren im letzten Jahr noch 15.114, immerhin 20 Prozent weniger. Um gut 13 Prozent stieg dagegen die Ausstellerzahl: von etwa 500 auf 566. Aber es war, und daran ist vermutlich nicht zuletzt der Ableger in London schuld, deutlich weniger international. Statt aus 87 Ländern wie im Vorjahr, kamen die Besucher 2025 nur noch aus 50 Nationen. Wein war dieses Jahr kein Thema. Immerhin stellte wieder der japanische Gemeinschaftsstand in Berlin aus, nachdem er letztes Jahr ausgesetzt hatte. Leider hatten die Produzenten überwiegend einfache bis mittlere Sake-Qualitäten nach Berlin mitgebracht. Hier aber meine fünf Spirit-Highlights von 2025.
1. Brennerei Humbel K.2 Kirsch im Arven-Holzfass 2018
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Mehr als 100 Jahre nach der Gründung im Jahre 1918 ist die Schweizer Brennerei Humbel längst ein Mehrgenerationenprojekt. Heute wird Lorenz Humbel, der Enkel von Gründer Max, tatkräftig von seinen Kindern unterstützt. Sohn Luiz ist Brennmeister und Tochter Gloria ist verantwortlich für Marketing und Kommunikation. Vielleicht ist deswegen das Innovationstempo so beeindruckend hoch. In Berlin präsentierte das Haus jedenfalls gleich mehrere Neuheiten der letzten Jahre. Von meinen drei Favoriten wurde der Muscat Bleu 11.1 schon Ende 2022 vorgestellt. Im Holzfass ausgebaut ist er natürlich nicht so pur wie der klassische 11er, aber enorm expressiv und mit wunderschöner Textur. Die Schattenmorelle 4.1 ist eine wildvergorene Sauerkirsche – intensiv und eindrucksvoll. Interessanterweise betonen die Naturhefen die marzipanigen Kernaromen besonders, was ein wenig die Frucht in den Schatten stellt.
Meine Nummer eins: Kirsch K.2. Das ist eine Assemblage aus 198 Kirschsorten, die zunächst fünf Jahre im Arvenholzfass reifte. Für ihr Finish ruhte der Brand dann zwei weitere Jahre in einem ehemaligen Bourbon-Whisky-Fass. Die Arve oder Zirbelkiefer ist ja die klassische Hochgebirgskiefer in der Schweiz, weshalb die Kombination erst einmal Sinn macht. Wegen ihrer hohen Aromatik ist die Kombination mit der Kirsche freilich auch riskant. In diesem Fall geht die Kombination voll auf und ergibt ein hochkomplexes Destillat, wo sich neben den zu erwartenden fruchtigen Kirschnoten zarte Vanille- und Harzaromen finden.
2. Bache Gabrielsen Cognac Grande Champagne Hors d’Age
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Bache Gabrielsen ist ein Cognac-Haus, das in Deutschland nicht sehr präsent ist. Das 1905 gegründete Unternehmen ist noch immer in Familienbesitz, und seine Geschichte hat viel zu tun mit den bemerkenswerten norwegischen Wurzeln in Cognac. Diese sind etwa noch immer präsent in den Häusern Larsen oder Braastad – aus deren Familie derzeit auch das Oberhaupt von Champagne Delamain stammt. Bache Gabrielsen konzentriert sich jedenfalls in erster Linie auf die skandinavischen Märkte, sodass bisher nur wenige Flaschen den Weg nach Deutschland fanden. Der anständige Einstiegs-VS Tre Kors erinnert mit seinen drei Kreuzen auf dem Etikett übrigens daran, dass es auch in Europa Prohibition gegeben hat. Zwischen 1916 und 1926 etikettierte das Haus seinen „Drei Sterne“-Cognac mit drei Kreuzen und vertrieb ihn ausschließlich in Apotheken. Die Prohibition fiel, die Kreuze blieben.
Das Haus besitzt keine Weinberge und kauft aus allen Regionen hinzu, insbesondere Ugni Blanc, dessen Anteil hier bei 97 Prozent liegt. Neben den klassischen Qualitäten gibt es eine Menge Sonder-Cuvées. Ich konnte etwa aus der Vintage-Serie den 1993er (30 Jahre gereift) und den 1999 (22 Jahre gereift) verkosten. Alles Single-Estate-Cognacs von Winzern, mit denen das Haus lange Jahre zusammenarbeitet. Am komplexesten zeigt sich dennoch der Hors d’Age. Die ältesten Eaux-de-vie des Blends stammen aus der Region Grande Champagne und wurden während des Ersten Weltkriegs destilliert, die jüngeren Elemente stammen aus den sechziger Jahren. Vielschichtig, mit viel Würze, aber auch floralen Noten und beeindruckender Länge.
3. Bougainville Mauritius Island Rum Extra Old Single Cask 2013
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Das seit 1932 auf Mauritius tätige Unternehmen Oxenham hat eine faszinierende Geschichte als Weinhandelshaus und -produzent. 1987 erhielt es jedenfalls auch die Brennlizenz, und 2010 wurde der erste Rum präsentiert. Wohlgemerkt, nicht in der Karibik, sondern auf einer Insel östlich von Madagaskar, fast 1.700 Kilometer entfernt vom afrikanischen Kontinent. Nach der Marke Bougainville wurde 2028 das zweite Haus ins Leben gerufen: Oaks & Âmes. Während die erste ihre Rums klassisch aus Molasse brennt, produziert Letztere aus reinem Zuckerrohrsaft im Stil der Rhums agricoles. Wer den „süßen“ spanischen Rum-Stil gewohnt ist, wird den VSOP fast irritierend zart empfinden. Der 2015 Vintage 9 years old in der Soul Series ist jedenfalls ein wunderbar floraler, purer Rum ohne jede Kosmetik. Aber der Bougainville Single Cask 2013, der für zehn Jahre in Pedro-Ximénez-Fässern reifte, ist dann doch vielschichtiger und entfaltet den größeren Druck.
4. Kavalan Single Malt Whisky Solist Cask Strength Vinho Barrique
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Taiwan ist heute wohl einer der dynamischste Whisky-Produzenten der Welt. 2002 ist auf der Insel im chinesischen Meer das Staatsmonopol für Branntweinherstellung gefallen. 2008 hat die 2005 gegründete Kavalan-Destillerie bereits ihren ersten Whisky vorgestellt. In kürzester Zeit konnte das Haus wohl alle wichtigen Preise für seine Produkte gewinnen. 2015 wurde etwa bei der jährlichen Blindverkostung der World Whiskies Awards der Solist Vinho Barrique zum weltweit besten Whisky des Jahres gekürt.
Zwei Faktoren sind hierbei zentral: Das subtropische Klima, das zu einer wesentlich stärkeren Verdunstung in den Fässern führt. Wegen der deutlich schnelleren Reifung verzichtet Kavalan deswegen auch auf ein Age Statement. Das andere ist die frühe Mitarbeit des mittlerweile verstorbenen Dr. Jim Swan, den manche als den „Einstein des Whiskys“ bezeichnet haben. Ihm wird unter anderem die Entwicklung der STR-Fässer zugeschrieben (= Shaving, Toasting und Re-Charring), was zu einer sehr subtilen Rotweinnote führt. Die sind vielleicht auch das Geheimnis des Vinho Barrique, der in portugiesischen Rotweinfässern reifte. Meine Probe stammt aus einem in Fassstärke (57,1%, keine Farbstoffe, keine Kühlfilterung) abgefüllten Einzelfass (Flasche 77/151). Sicherlich ein herausragender Whisky, langanhaltend, pur und vielschichtig, mit Kakao, exotischen Früchten und gerösteten Mandeln. Hat das Zeug zum großen Klassiker!
5. Taichung Distillery Single Grain Whisky Wheat Bourbon Cask Cask Strength
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Kavalan ist freilich nicht der einzige Erzeuger von Spitzenwhiskys auf Taiwan. Der staatseigene Konzern Taiwan Tobacco & Liquor Corporation versammelt unter seinem Dach mehrere Whisky-Destillerien und Brands. Gegründet 1901 unter japanischer Besatzung, hat es nach der Öffnung des Monopols 2008 die Nantou-Destillerie eröffnet. Diese produziert heute die Marken Omar (gute Single Malts mit Bourbon-, Sherry oder „Peated“-Finish) und Yushan (saubere, moderne Blended und Single Malt Whiskys). Daneben aber gibt es noch Taichung, das 1919 als Gründungsdatum für seine Destillerie nennt. Es ist nicht ganz klar, ob damals bereits Whisky produziert wurde – immerhin stammt die erste japanische Whiskybrennerei erst von 1923. Nach 1945 wechselt der Name jedenfalls zwischen Taichung Winery und Taichung Brewery. Wie auch immer: Die neue Zeitrechnung begann 2010 mit den ersten neuen Bränden. Die Spezialität: Cask Strength Single Grain Whiskys, etwa aus der Hirseart Sorghun (!) oder aus Weizen. Meine Flasche reifte in Bourbon-Fässern und kam in Fassstärke (58,5%, Flasche 133/133, dest.06/16, abgefüllt 08/2023). Sehr schöne Würze, bei einiger Süße und Holzaromen, viel Kraft, bei guter Komplexität und mittlerer Länge.
Bildrechte
Feature-Foto: © Bar Convent Berlin
Alle übrigen Bilder: Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images





