Überlieferung und Neubeginn: Weinbau in Kachetien

Eine Reise in den südöstlichen Kaukasus führt in das Herz des georgischen Weinbaus. Seit Jahrtausenden werden an dieser Nahtstelle von Europa und Asien Trauben geerntet und vergoren. Im Wein von heute vereinen sich freilich höchst unterschiedliche Traditionen. Vielleicht liegt gerade hierin seine Zukunft.

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Der Saft rinnt blutrot, fast schwarz zwischen meinen Fingern. Saperavi, „Farbenbringer“ heißt die Rebsorte, von der ich eine Beere in meiner Hand zerquetsche. Hier, in der kleinen Rebschule des Weinguts Shumi in Tsinandali im ostgeorgischen Kachetien, begreift man rasch, was die Qualität dieser Trauben ausmacht. Denn der Saft der Beeren vom Nachbarweinstock ist dagegen blass. Tatsächlich ist das Fruchtfleisch der meisten Rotweintrauben weiß und sind es die Traubenschalen, die bei der Rotweinproduktion für die Farbe sorgen. Das Fruchtfleisch des Saperavi dagegen ist dunkelviolett, weshalb man den Saft der Trauben früher sogar zum Färben verwendete.

Das ist der Grund, warum der Saperavi hier so etwas wie der heimliche Star ist. Denn auch wenn im Miniatur-Weinberg von Shumi mehrere Hundert Rebsorten kultiviert werden, ist der Saperavi die am meisten angebaute Rotweintraube Georgiens. In Kachetien macht ihr Anteil sogar 80 Prozent aus. Für Europas Weinspezialisten gerieten Region und Rebsorte bereits im 19. Jahrhundert in den Fokus. „Das reichste Weinland Asiens ist heutzutage Georgien und Kachetien, als solches schon im Altertum bekannt“, schwärmte 1874 der Ministerialrat und Weinautor Wilhelm Hamm. „Die letzere Provinz treibt fast gar keinen Ackerbau; die ganze Aufmerksamkeit und Thätigkeit der Bewohner dieses weiten Gartens, eines der reichsten Flecke der Erde, wo Boden und Klima sich zu üppiger Vegetation vereinigen, ist auf den Weinbau gewendet.“

Die große Tradition des Saperavi

Für Hamm ist der „kachetinische Wein“, vorzugsweise solcher aus Tsinandali, „vorzüglicher als alle anderen Weine Transkaukasiens“, was seinen Grund „zum Teil im Boden, mehr aber noch in dem bessern Rebsatz“ habe. Etwa zur gleichen Zeit wird Henry Vizetelly, der 1873 als britischer Juror die internationale Weinverkostung der Wiener Weltausstellung besucht, diesem Rebsatz genauer auf den Grund gehen. Auch er hält kachetische Weine „gleichermaßen bemerkenswert für Geschmack, Finesse und hochentwickeltes Bouquet“. Beim Sortenvergleich besteht gar die „Kaukasus-Traube, die Sapperavy,“ die Prüfung am besten.

Kein Wunder, dass auch die Dichter dieser Zeit für kachetischen Wein schwärmen. Alexander Puschkin, 1829 auf Militärmission in Georgien, notiert, dass die „Katechiner manchen Burgunder ausstechen“ können. Der deutsche Schriftsteller Friedrich von Bodenstedt lässt sich vor Ort vom persisch-aserbaidschanischen Dichter Mirza-Schaffy inspirieren und verklärt wiederholt die Wirkung der „feurigen, blutrothen Weine von Kachetos“. Der Kaukasus gilt zu dieser Zeit als „wildes Land“, wie Tolstoi es formuliert. Insbesondere die russische Romantik sehnte sich nach ihm wegen der hier erfahrbaren Freiheit und seiner archaische Schönheit als nach einer Art „russischem Italien“, wo sich Dinge finden ließen, die es andernorts nicht mehr gab. Angesichts der Bürgerkriege des späten 20. Jahrhunderts ist davon wenig übriggeblieben – bis auf die Vorstellung vom dortigen Weinbau. Tatsächlich ist dieser heute gerade für Georgien die „Visitenkarte zur Welt“ (Lisa Granik), nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus kulturellen Gründen. Als sich um 2010 aus Überdruss an immer „gemachteren“ Industrieweinen die internationale Raw- und Naturwein-Szene zu formieren begann, dauerte es nicht lange, bis Georgien die neue It-Destination für Anti-Establishment-Trinker wurde.

Shumi Winery

Inwieweit dies der Realität vor Ort entspricht, war eine der Fragen, die unsere Weinreisegruppe bei ihrer Reise nach Kachetien, wo sich 70 Prozent der georgischen Weinberge befinden, auf den Grund gehen wollte. Tatsächlich ist diese Region in Ostgeorgien trockener als die westlichen, vom Klima des Schwarzen Meeres beeinflussten Landesteile. Das Kaukasusgebirge schützt vor Kälte aus dem Norden und sorgt zugleich für kühlende Winde und ausreichende Regenfälle. Will man die vor allem im Alasani-Tal konzentrierte Weinregion mit einer anderen vergleichen, bietet sich vor allem das Napa Valley an. Der kalifornische „Garten Eden“ gleicht in seiner Geografie mit den von Bergen in Ost und West geschützten Weinbergen um den Flusslauf des Napa verblüffend seinem georgischen Pendant. Dessen Rutherford, einer seiner historischen Grand Crus, ist das oben bereits von Wilhelm Hamm gepriesene Tsinandali. Deshalb gilt unser erster Besuch auch der lokalen Shumi Winery.

Das Alasani-Tal weist verblüffende Parallelen mit dem Napa Valley auf.

Das Weingut, dessen Symbol, ein Greif, als mächtige Skulptur über das Weingut wacht, ist im ganzen Land bekannt für sein weintouristisches Angebot. Zu dem gehörten neben dem Rebsortengarten auch ein kleines Museum und eine Schauküche für traditionelle Spezialitäten des Landes wie Shotis Puri, das traditionell im Lehmofen gebackene Weißbrot, oder Tschurtschchela-Konfekt aus Walnüssen und Traubensaft. Diese werden natürlich auch zum Essen gereicht, das unsere Verkostung begleitet. Dessen Höhepunkt bilden Saperavi-Weine unterschiedlicher Herkunft und Machart: einer aus Tsinandali selbst, dann ein Einzellagen-Wein aus der nahe gelegenen Ortschaft Mukuzani sowie ein halbtrockener Kindzmarauli. Am Ende schließlich öffnet die junge Sommeliere die Cuvée Salome aus der gleichnamigen Lage in der Ortschaft Napareuli für uns. Die Trauben stammen aus biologischer und biodynamischer Bewirtschaftung, für die Shumi in Kachetien ein Pionier ist. Es ist ein herausragender Wein von internationaler Klasse, der freilich auch der Preis entspricht.

Tsinandali Estate

Einer Wurzel dieser hochstehenden Weinkultur begegnen wir am folgenden Tag. Tatsächlich war die Shumi Winery 1997 aus den Trümmern eines der traditionsreichsten Weingüter Georgiens entstanden, dem Tsinandali Estate, das Prinz Alexander Tschawtschawadse in den 1830er-Jahren gegründet hatte. Tschawtschawadse, dessen Vater als Botschafter des Königreichs Kartlien-Kachetien in Russland gedient und dessen Taufpatin Zarin Katharina II. war, war einer der glanzvollsten Vertreter der damaligen georgischen Aristokratie. Hoch dekoriert in Feldzügen, die ihn bis nach Paris führen sollten, war er zugleich Protagonist der literarischen Romantik in Georgien. Obgleich er in Tiflis einen weithin gerühmten Salon führte, ließ er im kachetischen Tsinandali eine Villa samt Garten erbauen, die er nach europäischem Vorbild durch ein Weingut ergänzte. Es war das erste in der Region, in das französische Weinbaupraxis wie Flaschenfüllung und Holzfassausbau Einzug hielt. Beides, Villa und Weingut, sind trotz der Umbrüche der Folgezeit erhalten und als Teile des heutigen Tsinandali Estates für Besucher zugänglich.

Die Villa erinnert heute als Museum an Alexander Tschawtschawadse und die georgische Romantik des 19 Jahrhunderts – auch wenn die Wärterinnen den alten Sowjet-Geist verströmen. Das Weingut war in den 1880er-Jahren in den Besitz der Zarenfamilie der Romanovs gefallen, nach der Revolution verstaatlicht und schließlich in eine „Wein-Fabrik“ verwandelt worden. Durch die Landreform des unabhängigen Georgiens gingen die Ländereien des Weinguts an zahlreiche Besitzer über wie die heutige Shumi Winery. Das alte, von Investoren als Prince Alexander Chavchavadze Tsinandali Estate wieder aufgebaute Weingut enthält heute nicht nur eine neue Kellerei und ein formidables Restaurant, sondern auch den historischen Weinkeller des Anwesens. Hier schlummern Raritäten wie ein 1861er Château d՚Yquem, ein Château Latour von 1900, aber auch ein ein polnischer Honigwein von 1814. Deren Wert freilich dürfte noch durch einen 1841er Saperavi übertroffen werden, den ersten, den Fürst Alexander hier kelterte und der die wohl älteste noch ungeöffnete Flasche georgischen Weins darstellt.

Die Wiege des Weins

Tsinandali steht freilich nur für eine von mehreren Wiedergeburten, die der georgische und mit ihm der kachetische Weinbau in seiner Geschichte erlebt hat. Seit Archäologen in der früh-steinzeitlichen Siedlung Shulaveris Gora südlich von Tiflis die ältesten, 8.000 Jahre alten Spuren von Wein entdeckten, nimmt Georgien für sich in Anspruch, als Wiege des Weinbaus zu gelten. So fragil die Exklusivität dieses Anspruchs ist – schließlich erstreckte sich die zugehörige Shulaveri-Shomutepe-Kultur über die heutigen Länder Georgien, Armenien, Aserbaidschan und den nördlichen Iran −, so unbezweifelbar ist die jahrtausendealte Kontinuität der Weinproduktion in Georgien und ihre Verbindung zur Volkskultur, die hier bis heute enger ist als in irgendeinem anderen Land der Welt. An kaum einem anderen Ort lässt sich das besser begreifen als in Kvareli. In dem Tal, das der Alasani-Fluss formt und welches das Herz der innerkachetischen Weinbauregion bildet, liegt der Ort Tsinandali in etwa gegenüber, freilich östlich am Fuße des Kaukasus-Gebirges gelegen, wohingegen sich Tsinandali an die westliche Gombori-Hügelkette schmiegt.

Alt und neu

Hier sitzt mit Tbilvino eines der größten Weingüter des Landes in einer der alten sowjetischen „Wein-Fabriken“ direkt an der Landstraße. Noch immer bringen hier zur Ernte uralte russische ZIL-130 Kipplaster ihre Trauben zur Fahrzeugwaage und transportieren anschließend im Gegenzug den Trester wieder ab. Doch im Innern glänzen modernste pneumatische Pressen und lässt uns ein junger, blitzgescheiter Önologe vielversprechende Fassproben verkosten. Der Aufstieg auf einen der außen liegenden gewaltigen Edelstahltanks eröffnet dann einen überwältigenden Blick auf den Kaukasus. Auf der ersten waldbedeckten Hügelkette gleich gegenüber liegt das Kloster Nekresi wie die Schaumkrone auf einer Welle.

Die Anlage entstand ab dem 4. Jahrhundert über einem Feuerheiligtum persischer Zarathustra-Anhänger und war ein Zentrum der Christianisierung Ostgeorgiens. Dessen Zeichen war ein Kreuz aus Weinreben, das die Heilige Nino, die Missionarin des Landes, mit ihrem eigenen Haar zusammengebunden haben soll. Noch heute existiert in Nekresi der Bischofspalast aus dem 9. Jahrhundert, dessen Untergeschoss einen der ältesten erhaltenen Weinkeller des Landes beherbergt. Wie in allen „Marani“ Georgiens vor dem 19. Jahrhundert wurde in ihm der Wein nicht in Fässern, sondern in vergrabenen Tonkrügen, den Qvevris, ausgebaut. Neben der Vielfalt der Rebsorten sind sie Georgiens zweites Geschenk an die Weinkultur der Welt – und gehören seit 2013 laut UNESCO zum „immateriellen Weltkulturerbe“.

Die Kultur der Qvevris

Wie vieles, was in Georgien mit dem Weinbau zu tun hat, besitzt der Ausbau des Weines in Qvevris eine mythisch-religiöse Symbolik. So wird hier der Wein als Persönlichkeit betrachtet, der seine Embryonalphase in den Qvevris wie in einem Ei verbringt. Die beigegebenen Traubenschalen heißen auch „Deda“, also Mutter. Wird ein Wein ohne diese, also quasi europäisch produziert, so wird der Wein als „Udeda“ bezeichnet, ist also „mutterlos“. Trotz dieser Konnotation wäre diese traditionelle und aufwendige Produktionsmethode beinahe der Zugehörigkeit des Landes zur UdSSR zum Opfer gefallen. Durch die kollektive Organisation des Weinbaus in der zentralen Samtrest-Behörde und der rigide, industrielle Effizienz erfordernde Ehrgeiz der Fünfjahrespläne hatte die Qvevri-Produktion fast ausschließlich im privaten Bereich und Klöstern überlebt. Kein Wunder, dass heute erst wieder 3 Prozent der georgischen Weinproduktion in Qvevris stattfindet.

Dennoch ist sie mit der Identität des georgischen Weinbaus unauflöslich verknüpft und vielfach auch der erste Anknüpfungspunkt für das stetig wachsende Interesse des Auslands für georgischen Wein. Dabei ist weniger die Verwendung von Tonkrügen oder deren „Vergraben“ in der Erde von Belang, als die Tatsache, dass der Wein in den Krügen auf den Traubenschalen und teilweise auch den Stängeln reift, und zwar sowohl Rot- als auch Weißwein, was Letzterem eine markante Bernsteinfarbe verleiht – was Georgier gerne als „Amber“ vom „Orange“ der europäischen Naturweinszene unterschieden sehen möchte. Auch hier nimmt Kachetien einen Sonderstatus ein, indem es eine fünf- bis sechsmonatige Vergärung und Reifung auf den Schalen vorschreibt, was sich erheblich von den „softeren“ Methoden anderer Regionen Georgiens unterscheidet.

Château Buera

Die kaum vorhandene Verbindung zu einer tradierten Form der Qvevri-Produktion auf Spitzenniveau und die erst vor wenigen Jahrzehnten erfolgte „Wiedererfindung“ des georgischen Weinbaus sind die Gründe, warum auch traditionell orientierte Winzer aus Kachetien immer neue Experimente in ihren Kellern durchführen. Das betrifft etwa die Verwendung alter, wiederentdeckter Rebsorten wie die Weißweinsorte Kisi, die Frequenz des Trester-Untertauchens oder gar die Einführung von Kühlsystemen für die Qvevris. Erst vor Kurzem sind erste Weingüter wie die Chelti Winery in Shilda zudem dazu übergegangen, ihre Weine nicht jung zu vermarkten, sondern als Reserven herauszubringen. Das in den Bergen östlich von Napareuli gelegene Château Buera hat freilich erst 2018 seinen ersten Jahrgang vorgestellt. Gegründet wurde es, wie das Luxusresort Lopota, von dem das Weingut heute ein Teil ist, von Goga Maisuradze. Tochter Ana, die das Weingut nach dem Tod ihres Vaters führt, ließ hier 2022 die internationale „Women in Wine Expo“ stattfinden.

Neben georgischen Rebsorten werden hier auch internationale Varietäten wie Cabernet Sauvignon und Chardonnay sowie ein Schaumwein angebaut –nicht zuletzt, wie freimütig zugegeben wird, um in den verschiedenen Restaurants des Resorts unterschiedliche Weinstile anbieten zu können. Aber das Weingut heißt programmatisch nach der alten Rebsorte Buera, die im Versuchsanbau um das Schloss angebaut und wiederbelebt werden soll. Und die Qvevri-Füllungen werden konsequent traditionell ausgebaut – wovon wir uns beim Untertauchen des Tresterhutes in der „Marani“ eigenhändig überzeugen konnten. Bei der Verkostung überzeugen besonders Cuvées, die „hybrid“ produziert wurden. Wo also nach einem Ausbau im Qvevri eine weitere Lagerung in französischen oder kaukasischen Eichenholzfässern stattfand.

Kakha Tchotiashvili und Teliani Valley

Mit dieser Kombination spielt auch Kakha Tchotiashvili. Er ist einer der renommiertesten Önologen des Landes und hat auch schon in Deutschland gearbeitet. Seit 2013 führt er sein eigenes Weingut im nahen Sapiore bei Napareuli. Auf seinem Grundstück liegen uralte Qvevris, die sich von den heutigen nur durch eine etwas andere Form und die Art der Gurtbänder unterscheiden. Er selbst experimentiert mit teilweise hundert Jahre alten Tonkrügen, die, wie er findet, von besserer Qualität als die modernen seien. Aber auch mit kleinen Größen zur Mikro-Vinifikation sowie Kühlmethoden, die die Fermentation verlangsamen. Beim anschließenden Holzfassausbau einiger Abfüllungen besteht er aber auf kaukasischem Holz aus den Maikop-Wäldern in der russischen Republik Adygea. Die nämlich würden, anders als französisches Holz, kein Vanillin an den Wein abgeben.

Wir verlassen Kachetien über die alte Provinzhauptstadt Telavi, um über den 1.600 Meter hoch gelegenen Gombori-Pass unseren Ausgangspunkt Tiflis zu erreichen. In Telavi befand sich im 17. und 18. Jahrhundert die Residenz der kachetischen Könige, heute strahlt das knapp 20.000 Einwohner zählende Städtchen eine beschauliche Ruhe aus. Immerhin sitzen hier einige der größten Kellereien des Landes. Teliani Valley etwa ist einer von Georgiens Big Playern und beliefert mit dem 8K sogar deutsche Discounter wie Lidl mit halbtrockenem Saperavi für. Daneben produziert das Unternehmen aber auch anspruchsvolle Weine wie die Glekhuri-Linie, die in Qvevris produziert wird. Unter dem Label Georgian Artisan Wine werden zudem hochindividuelle Abfüllungen von innovativen Kleinwinzern vertrieben. Ein Hebammen-Projekt, das international Nachfolger finden sollte.

Chona’s Marani

Vor unserer Abreise besuchen wir noch die Familie Chonishvili. Drei Generationen produzierte sie im Nebenerwerb Wein. Mikheil „Chona“ Chonishvili erlernte das Handwerk von seinem Vater als Kind, 2014 gründete er den Betrieb Chona’s Marani, um „Naturweine“ ohne chemische Zusätze zu produzieren. Das kleine Weingut ist eine reine Familienangelegenheit: Die Ehefrau hat die Etiketten gestaltet, die Trauben kommen von einem kleinen Weinberg bei Tsinandali, aber auch von engen Verwandten. Vater Giorgi schaut nach dem Rechten, wenn der Sohn, ein Mitglied des international renommierten sechsköpfigen Vokal-Ensembles Alilo, auf Reisen ist. Ihm bereitet es sichtlich Vergnügen, uns durch den wilden Garten seines Hauses in einen frisch zementierten Gebäudetrakt zu führen, in dem einige nagelneue Qvevris gerade mit dem Most des jungen Jahrgangs gefüllt worden sind.

Bewirtet von Ehefrau Elena, verkosten wir im engen Wohnzimmer der Familie Weine aus den weißen Rebsorten Rkatsiteli, Kisi und Chinuri. Sie sind herb und charaktervoll, dank der vielen Gerbstoffe, die durch den langen Kontakt mit Schalen und Stielen in den Wein gelangten. Es ist „ein roter Wein aus weißen Reben“, bemerkt unser Gastgeber schmunzelnd, deswegen trinken wir ihn auch nicht kalt, sondern bei Kellertemperatur. Mit dem roten Saperavi zum Abschluss befinden wir uns freilich auf vertrauterem Gelände. Giorgi Chonishvili war 20 Jahre lang Dekan der Fakultät Physik an der Universität in Tiflis. Als Emeritus widmet er sich wieder dem Weinbau in Kachetien, für den mit der Generation seines Sohnes ein neues und aufregendes Kapitel begonnen hat. Wir verlassen Georgien mit dem Gefühl, gerade einmal einen Zipfel der unerhört vielfältigen und faszinierenden Weinkultur des Landes erhascht zu haben.

Anmerkung: Die Reise wurde organisiert durch das Informationsbüro Weine aus Georgien sowie die LEPL National Wine Agency of Georgia.

Bildlegenden:

Aufmacherfoto: Monumentaler Greif des Weingutes Shumi

Einleitung: Rebmuseum der Shumi Winery (oben), Erzengelkirche von Gremi, königlicher Sitz und ehemalige Hauptstadt Kachetiens (unten)

Die große Tradition des Saperavi: Saperavi-Reben der Chelti Winery (oben), Blick vom Alasani-Tal auf die Südhänge des Kaukasus (unten)

Shumi Winery: Eingang zum Weingut (oben), Nachbildung eines jahrhundertealten Rebstocks aus der näheren Umgebung (unten)

Tsinandali Estate: Villa/Museum Alexander Tschawtschawadse (oben), Schatzkammer (unten)

Die Wiege des Weins: Reben nahe dem Weingut Tbilvino

Alt und neu: Trestersammlung bei Tbilvino (oben), Blick auf die Klosteranlage Nekresi (unten)

Die Kultur der Qvevris: Qvevris der Shumi Winery (oben), Umwälzen des Tresterhutes in Château Buera (unten)

Château Buera: Das neu gebaute Château (oben), Flaschenlager am sogenannten „Weinpfad“ im Inneren von Château Buera (unten)

Kakha Tchotiashvili und Teliani: Alte Qvevris im Garten von Kakha Tchotiashvili (oben), kombinierter Fasswein- und Qvevri-Keller bei Teliani Valley (unten)

Chona’s Marani: Rohbau des neuen Qvevri Kellers (oben), Giorgi Chonishvili (unten)

Bildrechte

Stefan Pegatzky / Time Tunnel images

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