
Milon ist ein eigenartiger Ort: kaum dreißig Häuser, die sich um eine einzelne, freistehende Pinie scharen. Fast sämtliche Einwohner haben mit Wein zu tun, auch wenn es hier kein einziges Weingut mehr gibt. In das letzte ist unlängst eine Craftbeer-Brauerei gezogen. Man könnte das Dorf diplomatisch als schmucklos bezeichnen. Selbstverständlich findet sich kein ein einziger Hinweis darauf, dass wir hier uns hier an einem Hotspot der Weinwelt befinden. Würde man dem schmalen, namenlosen Gässchen, das von der Ortsmitte seinen Ausgang nimmt, direkt nach Osten folgen, erreichte man nach gut 600 Metern Château Lafite. Nähme man die Rue de Lalande nach Südosten, käme man nach etwa der doppelten Strecke nach Château Mouton-Rothschild.
Milon – ein Ort und ein Terroir

Dass Milon dennoch jedem ernsthaften Weinkenner ein Begriff ist, verdankt es den Weinen, die nach ihm benannt wurden. Neben zahlreichen, heute freilich verschwunden Cru Bourgeois wie die Châteaux La Fleur Milon oder Grand-Duroc-Milon vor allem dem als Grand Cru der 5. Kategorie klassifizierten Château Clerc Milon und dem einzigen 4ième Grand Cru Classé der Appellation Pauillac, Château Duhart-Milon. Wem diese Namen nichts sagen, der wird spätestens beim Hinweis auf deren Besitzer hellhörig. Gehört Clerc Milon der Baronne Philippine de Rothschild, Eigentümerin von Château Mouton-Rothschild, so Duhart-Milon zu den Domaines Barons de Rothschild (DBR), den Besitzern von Château Lafite. Es muss also trotz des wenig glanzvollen Ortes einen Grund geben, warum dessen Weine die Portfolios des höchsten Bordelaiser Weinadels schmücken.

Davon weiß niemand besser zu erzählen als Eric Kohler. Er hat sowohl bei Château Lafite wie beim benachbarten Duhart-Milon die Stelle des Technischer Direktors inne. Für ihn verkörpert Duhart-Milon „die perfekte Balance“ zwischen Cabernet Sauvignon und Merlot in Pauillac. Denn der Boden für den Cabernet besteht hier, wie Kohler erläutert, „fast nur aus Kieseln und ist sehr karg, während der von Lafite auch ein wenig Lehm enthält. „Der Merlot steht bei Lafite dagegen zumeist auf Böden, die eigentlich zu warm für ihn sind, weil es im Grunde Cabernet-Lagen sind. In den nördlichen Lagen von Duhart-Milon gibt es dagegen ‚echten‘ Merlot-Boden mit einem hohen Anteil von Lehm und Kalk.“ Aus diesem Grund weise der Wein von Duhart-Milon mit etwa einem Drittel auch immer einen höheren Merlot-Anteil auf.
Zwischen Sümpfen, Meer und Wäldern

Diese Eigenart von Duhart-Milon wird noch deutlicher bei einer Fahrt durch den nördlichen Teil von Pauillac und einem anschließenden Spaziergang durch die Weinberge. Tatsächlich bildet die Gegend nördlich des Bächleins Chenal du Gaer ein geschlossenes Ganzes. Im Osten wird es abgegrenzt im durch die Gironde und im Westen durch die sandigen Hügel der Landes mit ihrem dichten Koniferenbewuchs. Im Norden markiert die Sumpflandschaft des Jalle du Breuil die Grenze zur Appellation Saint-Estèphe. Es ist der Sektor, der die wohl dramatischsten Weine des Médoc hervorbringt. Nicht zufällig beherbergt er gleich zwei Erste Gewächse – was in erster Linie an den bis zu 30 Meter hohen „Croupes“ liegt. Kieskuppen, die sich nach der Günz-Eiszeit aus Pyrenäen-Schotter gebildet hatten, den die Gironde angeschwemmt hatte. Eine Bodenformation, die durch ihre Fähigkeit zur Wärmespeicherung und Entwässerung ideal für die spät reifende Cabernet-Sauvignon-Rebe ist.

Anders als im südlichen Teil von Pauillac, wo die Landschaft um Château Latour und die beiden Pichons recht ebenmäßig ist, ist sie im Norden durch geologische Faltungen und kleine Flussläufe heterogener. Entsprechend fallen hier die dominierenden Kieshügel und -plateaus noch markanter ins Auge. Die Parzelle Perot etwa, mit ihrer perfekten Südausrichtung und steilen Hangneigung so etwas wie das Herzstück von Lafite. Oder die südwestlich an Duhart-Milon anschließenden Les Carruades, die erst 1845 in den Besitz von Lafite kamen, die aber deren vielleicht kompletteste Grundweine liefern. Aber auch Duhart verfügt über einen solchen außergewöhnlichen Kieshügel um die Parzelle Garrouil Nord. Auf ihr stehen einige der ältesten Cabernet-Sauvignon-Reben des Gutes.
Die Kühle des klassischen Pauillac

Die große Bodenkarte der beiden Domänen Lafite und Duhart-Milon, die die Stirnwand von Erik Kohlers Büro auf Château Lafite beherrscht, verdeutlicht die Situation. Darauf erkennt man zunächst, dass die Lagen von Duhart-Milon, die sich unmittelbar westlich von Milon, in der äußersten nordwestlichen Ecke der Appellation befinden, einen hufeisenförmigen Ring von Parzellen bilden, die mit Merlot bestockt sind, und dann in einer höhergelegenen, mit Cabernet-Sauvignon bepflanzten Fläche mit Garrouil Nord im Kern ihr Zentrum finden. „Cabernet Franc bauen wir seit gut zwanzig Jahren nicht mehr an“, kommentiert Erik Kohler, „der ist sehr sensibel. Und weil er hier nicht ausreift, erreicht er nicht die Klasse des Cabernet Sauvignon.“ Tatsächlich sind die Lagen von Duhart-Milon kühler als die von Lafite und wird hier vier bis sieben Tage später geerntet, häufig als letztes Weingut in Pauillac. „Für uns ist das praktisch“, meint Kohler. „Wenn wir mit der Ernte des Cabernet Sauvignon bei Lafite fertig sind, können wir mit der von Duhart-Milon beginnen.“

So galt das Terroir als Duhart-Milon in der Vergangenheit im Vergleich mit den Nachbarn als „schwierig“ und führte gelegentlich zu spröden und etwas „grünen“ Weinen. In Zeiten der Klimaerwärmung ist diese Lage nun ein unschätzbares Plus. Denn sie gibt Duhart-Milon, wie Kohler formuliert, eine einzigartige „Reserve von Frische und Säure“. Wo andere Weine der Appellation seit 2003 mit den immer häufigeren „Années solaires“, Sonnenjahren mit extrem heißen Sommern und deren Folgen wie hohen Alkoholgraden und niedrigen Säurenwerten zu kämpfen haben, behalte Duhart auch unter Stress die „wunderbare Kühle eines klassischen Pauillac“.
Auf Lafite, so Kohler, begegne man der Situation, indem man den Merlot-Anteil immer weiter herunterschraubt. Waren es vor 30 Jahren noch gut 20 Prozent, ging man um die Jahrhundertwende auf 15 Prozent. Mittlerweile sei man bei sieben bis acht Prozent angekommen. Wegen der einzigartigen Böden auf Duhart in den nördlichsten Parzellen wie Garabey erreiche der gegen Hitze anfällige Merlot selbst in extremen Jahren wie 2018 nie mehr als 14 Prozent Alkohol. Zudem ist die geologische Vielfalt im Sektor von Milon größer und die Parzellengröße kleiner. Eine Folge der in der Vergangenheit eher bäuerlichen Bewirtschaftung, im Gegensatz zu den „Grandes Parcellaires“ der großen Châteaus in Pauillac. Deshalb gibt es vielfältigere Variationsmöglichkeiten beim Blending des Weins.
Neue Wege der Bewirtschaftung

Das heißt nicht, dass man sich auf Duhart-Milon sorglos zurücklehnen könne. Der Schock des Hitzejahres 2003 hatte die Region tief getroffen. Für DBR war es der Ausgangspunkt für ein ambitioniertes Zukunftsprogramm gewesen. Für alle Weingüter der Gruppe wurde eine Querschnittsabteilung für Forschung und Entwicklung gebildet. Und weil Duhart-Milon mit einer Fläche von gut 104 Hektar, davon 75 (von denen derzeit freilich wegen Neubepflanzungen nur etwa 60 zur Verfügung stehen) mit Weinreben bepflanzt, groß genug war, beherbergt es nicht nur die gemeinsame Tonnellerie der Rothschild-Domänen, sondern wurde quasi auch zum Experimentallabor der Gruppe. Heute arbeitet Eric Kohler bei einer Vielzahl von Fragestellungen eng mit der aus Kolumbien stammenden Leiterin der „F&E-Abteilung“, Manuela Brando, zusammen. Dazu gehören neben einem biologischen und biodynamischen Versuchsanbau auf ausgesuchten Parzellen die Vorbereitung von Rebneupflanzungen aus einer Massenselektion von eigenen Rebstöcken ab 2024 und der Kampf gegen die tückische virale Rebkrankheit Esca.

Saskia de Rothschild, seit 2019 Präsidenten von DBR und seit Anfang 2022 auch operative Geschäftsführerin der Gruppe, liegt eine agrarökologische Aufgabe ganz besonders am Herzen. Es ist die Schaffung eines Gleichgewichts zwischen den unterschiedlichen Ökosystemen Reben, Wald und Sumpf. Das ist an dieser Stelle möglich, weil Duhart-Milon, anders als viele Weingüter der Region, nahezu ein „seul tenant“ bildet, eine geschlossene Rebfläche. Das Programm hat freilich merkliche Auswirkungen auf die aktuelle Parzellierung. Geplant ist etwa, 4 Hektar Reben zu opfern, um „Haies vivres“, belebte Hecken innerhalb der Weinberge, zu pflanzen. Zudem wird schon jetzt eine Parzelle ohne jegliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bewirtschaftet, um die Auswirkungen unterschiedlichster Krankheiten zu studieren. Ein Experiment ganz anderer Art wurde mit der Anlage von Sauvignon Blanc, Sauvignon Gris und Sémillon in einer Parzelle ganz im Nordwesten der Appellation Pauillac gestartet. Bald wird es von hier den ersten Weißwein von Duhart-Milon geben.
Neue Aufmerksamkeit für Duhart-Milon

Die verstärkte Aufmerksamkeit der Rothschild-Familie für Château Duhart-Milon war auch einer der Gründe für die 2020 getroffene Entscheidung, die Aufgaben von Eric Kohler als Technischen Direktor auf die beiden Pauillac-Güter der Gruppe zu konzentrieren und ihn von der Verantwortung für L’Évangile und Rieussec zu befreien. Der im provenzalischen Arles geborene Kohler hatte nach seiner Weinbau- und Önologie-Ausbildung 1989 im nahen Château Poujeaux seine erste Ernte in Bordeaux erlebt und war nach Stationen auf Château Rieussec und im Weinhandel von Bordeaux 1994 mit 27 Jahren von Charles Chevallier, dem damals neuernannten Technischen Direktor von Château Lafite und der übrigen Bordelaiser Rothschild-Weingüter, um Unterstützung gebeten worden. Zehn Jahre später wurde Kohler zum Direktor von Château d’Aussières im Languedoc ernannt. 2008 übernahm er die Leitung aller DBR-Güter außerhalb des Bordelais – ein Job auf drei Kontinenten, bei dem ihm besonders der Aufbau eines Weinguts im chinesischen Penglai einiges abverlangte. 2016 schließlich erfolgte mit der Übernahme der Aufgaben Charles Chevallier gleichsam der Adelsschlag. Ein begehrterer Job findet sich in der Weinwelt wohl kaum.

Zu den wichtigsten Aufgaben von Kohler gehörte die Leitung beim Bau eines neuen Weinkellers für Duhart-Milon, einer der größten Meilensteine für die Entwicklung des Weinguts, der 2020 abgeschlossen werden konnte. Der Keller freilich findet sich weder in Milon noch teilt man ihn sich mit Château Lafite. Stattdessen liegt er 2,5 Kilometer Luftlinie entfernt im Zentrum von Pauillac. Es ist ein Umstand, der seinen Grund in der Geschichte von Duhart-Milon hat. Tatsächlich waren die Weinberge aus dem Dorf Milon seit ihrer Anpflanzung im frühen 18. Jahrhundert mit Lafite verbunden gewesen und lieferten damals so etwas wie einen Zweitwein. Schließlich gehörte das Dorf zur „Seigneurie de Lafite“, zur Grundherrschaft des Herrn auf Château Lafite. Das war damals die Familie de Ségur, zu der Nicolas-Alexandre, Marquis von Ségur gehörte, der legendäre „Prince des Vignes“ , dem seinerzeit neben Lafite auch Latour, Mouton und Calon-Ségur gehörten.
Ein Blick in die Geschichte

Das änderte sich mit der Französischen Revolution, als der Weinbergbesitz von Milon durch den Staat an verschiedene Eigentümer versteigert wurde. Der erste Besitzer von dem, was später Duhart-Milon werden sollte, war nicht zufällig der Bürgermeister von Pauillac, Jean-Baptiste Mathieu Mandavy, nach dem die Domäne zunächst Mandavy oder Mandavey-Milon hieß. Der Besitz wurde teils zu Lebzeiten, teils nach dem Tod von Mandavy zerteilt (und führte so auch zur Entstehung von Château Clerc-Milon) und ging dann um 1830 in den Besitz von Pierre Castéja über, dem späteren Bürgermeister von Bordeaux. Der hatte zuvor schon einen benachbarten Weinberg sowie einen vornehmen Wohnsitz am Gironde-Ufer in Pauillac von der Witwe eines reich gewordenen „Korsaren“ (die euphemistische damalige Bezeichnung für einen Schmuggler während der Napoleonischen Kontinentalsperre) namens Duhart erworben. 1868, fünf Jahre nach dem Tod ihres Mannes, nannte dessen Witwe das Weingut erstmals Château Duhart-Milon.

Eine glanzvolle Zeit: 1855 wurde Château Duhart offiziell als Quatrième Cru klassifiziert. Unter Eigentümer Eugène Castéja, dem damals wichtigsten Funktionär für die Absatzförderung der Grands Vins der Gironde, wurde der Wein von Duhart-Milon zwischen 1903 und 1913 auf Weltausstellungen zwischen Saint-Louis in den USA und dem japanischen Osaka präsentiert. Doch spätestens seit der Wirtschaftskrise der Dreißigerjahre ging es bergab. Das Weingut wechselte ab 1937 mehrfach den Besitzer, darunter renommierte Négociants wie der deutschstämmige Edouard Kressmann und Francis Borie, der auch Château Ducru-Beaucaillou besaß. Doch den Niedergang konnte keiner aufhalten. In den Fünfzigerjahren wurde schließlich auch das Château selbst verkauft, vom damaligen Bürgermeister von Pauillac abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Überlebt hat lediglich dessen Bild auf dem Etikett von Duhart-Milon. Der verheerende Frost von 1956 richtete unter den Rebflächen verheerende Verwüstungen an. Als Baron Éric de Rothschild das Weingut schließlich 1962 übernahm, standen gerade noch 17 Hektar Weinberge unter Ertrag.
Renaissance unter den Rothschilds

Auch wenn die Rothschild-Familie nicht vorhat, wieder ein Schloss für Duhart-Milon zu errichten, so hat sie doch viel dafür getan, um das Weingut in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Zunächst wurden allmählich bis auf zwei 1948 bepflanzte Parzellen die gesamte Weinbergfläche neu bepflanzt. 1974 wurden neue Wirtschaftsgebäude in Pauillac erbaut, die freilich Weinkritiker Robert Parker, der die Höherklassifizierung des Gutes zum Troisième Cru empfahl, als „ästhetisch grässliche Lagerhalle“ wahrnahm. Daran erinnert heute nach dem Umbau wenig. Zudem soll die Anlage in Zukunft um ein attraktives Besucherzentrum ergänzt werden, auch wenn der Zeitplan coronabedingt etwas hinterherhinkt.

Für Eric Kohler zählen aber vor allem die neuen önologischen Möglichkeiten, die ihm und dem Team um Kellermeister Alexandre Canciani nun hier zur Verfügung stehen. So wurde insbesondere die Zahl der Edelstahl-Fermentiertanks deutlich erhöht, um der geologischen Diversität von Duhart-Milon besser gerecht zu werden. „Ich kann heute gut 15 bis 20 zusätzliche Partien separat verarbeiten als noch 2019“, resümiert Kohler zufrieden. „Damit werden wir noch viel präziser werden, als wir bisher schon waren. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich das auf unser finales Blending des 2020er-Jahrgangs auswirken wird.“
Die Weine von Duhart-Milon

Der gerade gefüllte 2019er jedenfalls präsentiert sich bereits beim Moulin de Duhart in ausgezeichneter Verfassung. Der Zweitwein von Duhart-Milon (darunter gibt es noch einen einfachen Pauillac A.O.C.) weist mit 60 Prozent einen deutlich höheren Merlot-Anteil auf und stammt teilweise von leichteren, lehmig-sandigen Böden. Eine intensive Heidelbeer-Note verleiht ihm einen fruchtigen Charme, das Holz ist durch merkliche Kaffee-Aromen noch etwas dominant. Auffallend ist die sehr gute Tannin-Qualität bereits auf diesem Level.
Eric Kohler schätzt den 2019er als „klassisch-modern“ ein. Damit meint er einen Jahrgang unter den Bedingungen der Erderwärmung, der dennoch Merkmale der traditionellen Stilistik wie präsente Säure und moderaten Alkohol (hier: 13,5 Prozent) aufweist. Nach 2016 als letztem wirklich klassischen Jahrgang, 2017 als sehr gutem, aber durch Regen bei der Ernte etwas unausgewogenem Jahr und 2018 als beinahe exotischem Hitzejahr. Und tatsächlich fasziniert der Grand Vin aus 2019 mit seiner klassischen Pauillac-Art wie der Vermählung von Bleistift- und Cassisnoten im Bouquet bei hervorragend integriertem Holz (14 Monate in zu 50 Prozent neuen Barriques). Beeindruckend wirkt vor allem die Textur. 30 Prozent Merlot geben den 70 Prozent Cabernet Sauvignon (ein Verhältnis, das genau den Anteil der Sorten im Weinberg spiegelt) gerade so viel Schmelz, dass dessen maskuline Struktur als pure Finesse spürbar wird.
Ein Pauillac durch und durch

Château Duhart-Milon, von dem derzeit immerhin zwischen 140.000 und 180.000 Flaschen (sowie zwischen 100.000 und 120.000 Flaschen Zweitwein) produziert werden, hat es nie einfach gehabt im Portfolio von DBR. Galten früher die benachbarten Premiers Crus Lafite und Mouton als Rivalen, so nicht minder deren beide „Milons“. Dabei, so Eric Kohler, seien beide kaum miteinander zu vergleichen. Denn die Böden von Clerc Milon sind viel lehmiger und dessen offenere Weine seien dadurch kaum als Pauillac-typisch zu bezeichnen. Während der klassischere Duhart-Milon ein Pauillac durch und durch und gerade in der Jugend verschlossener sei.

Zudem wird der Wein vielfach als Zweitwein von Lafite missverstanden, obwohl das Weingut seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts den Carruades de Lafite eingeführt hat (der freilich nicht von Trauben der berühmten gleichnamigen Lage stammt, sondern von Plots, die nicht für die Cuvée des Grand Vin ausgewählt wurden), und um den sich nach der Preisexplosion der vergangenen Jahre ein ganz eigener Kult gebildet hat. Entsprechend hatte Jean-Guillaume Prats, bis Ende letzten Jahres der CEO der Domaines Barons Rothschild, in einem Gespräch mit mir in Paris 2019 [FINE 1/2019] davon gesprochen, dass es eine der zentralen Aufgaben der Rotschild-Gruppe sei, Château Duhart-Milon so etwas wie eine Seele zu geben. Zum sechzigjährigen Jubiläum der Rückkehr der Weine von Milon zu den „Herren von Lafite“ hat diese gerade damit begonnen, die Augen aufzuschlagen.
Der Artikel ist ein redigierter Wiederabdruck eines Artikels aus FINE – Das Weinmagazin 3/2022.
Bildrechte
Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images
 
 





