Roederer Cristal 2014

Die Prestige Cuvée der Maison Roederer hat eine lange Geschichte. Ursprünglich als stark gesüßte Exklusivabfüllung in einer Kristallglasflasche für den russischen Zaren abgefüllt, steht der Cristal heute mit an der Spitze der stilistischen Entwicklung in der Champagne. In seiner Präsentation des Jahrgangs 2014 verdeutlichte Chef de cave Jean-Baptiste Lécaillon die aktuelle Philosophie des Hauses Roederer.

Wenn man Jean-Baptiste Lécaillon zuhört, kann man an seinen Überzeugungen schon einmal irre werden. Im Hinblick auf die Stilistik des Hauses Louis Roederer ist für ihn etwa „die Reinheit der Frucht das absolute Ziel“. Im Zweifel würde das auch bedeuten, den Einfluss der Autolyse zu reduzieren. Erinnern wir uns: Durch Autolyse, die Zersetzung der Hefen während der Flaschen-gärung, entstehen viele Champagner-typischen Aromen. Je länger sie dauert, heißt es, desto komplexer werden Schaumweine. Für Lécaillon, der 1999 mit 33 Jahren als seinerzeit jüngster Kellermeister der Champagne zu Roederer kam, müsse die Autolyse aber im Hintergrund stehen, um vor allem die Frucht „aufscheinen“ zu lassen.

Zurück in die Zukunft

Ein Champagnerglas der Maison Roederer

Auch zur malolaktischen Gärung, also die von der überwältigenden Mehrzahl der Champagner-produzenten vorgenommenen Umwandlung der Äpfel- zur Milchsäure, hat er eine ganz eigene Überzeugung: Die sei ein Kind der 1970er-Jahre, als die Trauben in den meisten Jahren unreif geerntet worden seien. Weil das Klima sich aber seit einigen Jahrzehnten verändert habe, werde die „Malo“ beim Cristal vollständig blockiert. Auch den Edelstahl, eine weitere Innovation der Siebziger, sieht Lécaillon nicht nur positiv. Eichenholzgereifte Weine hätten mehr Tiefe und Transparenz. Selbst die alkoholische Gärung findet beim Cristal zu 32 Prozent im Holz statt. So komme Roderer, resümiert Lécaillon, allmählich wieder zurück zu den großen Weinen der 1940er bis 1960er Jahre.

Verschiedene Champagnerkapseln von Roederer

Im Sinne einer Korrektur zur hoch-industriellen Landwirtschaft lässt sich auch die komplett biologische Bewirtschaftung bei Roederer verstehen. Seit 2012 wird der Cristal sogar biodynamisch produziert. Der Einfluss auf die Grundweine sei spürbar: Der ph-Wert sei niedriger (und damit die Säure höher), der Trockenextrakt höher, beides Schlüsselfaktoren für große Champagner. Unverändert misst Lécaillon trotz des Klimawandels den klassischen Grands Crus der Champagner mit ihren Kalkböden eine zentrale Rolle zu. Denn durch ihr Wasserbindevermögen bilden sie einen natürlichen Puffer, der sowohl in sehr heißen wie feuchten Klimaphasen ausgleichend auf die Vegetation wirken kann.

Reformulierung der Tradition

Das Logo des Hauses auf einer Geschenkbox

Reformulierung der Tradition könnte man nennen, was heute die Stilistik bei Roederer bestimmt. Dabei kommen freilich auch ultra-moderne Techniken zum Einsatz. Etwa das Jetting, bei der die Sauerstoffzufuhr beim Degorgieren minimiert wird: eine Methode, die von der modernen Biertechnologie entlehnt wurde. Das sei auf der einen Seite ein eher reduktiver Ansatz, aber er verändere auch die Textur der Weine und kreiere „eine superzarte, salzige Perlage“.

Jahrgang 2014

Cristal 2014 jedenfalls ist das Ergebnis einer klimatischen Achterbahnfahrt: Mit massiven Regen-fällen an der Côte de Blancs und dem Vallée de la Marne sowie einem Happy End mit goldenem September. Weil die phenolische Reife der Trauben noch nicht voll erreicht war, setzte das Haus alles auf eine Karte. In nur fünf Tagen zwischen dem 18. und 23. September wurde geerntet, zum letzt-möglichen Zeitpunkt. Von den 45 Plots, die üblicherweise den Cristal ausmanchen, wurden drei in Aÿ und drei aus Avize aussortiert. Auch wenn sich aus der klassischen Komposition aus 60 Prozent Pinot Noir und 40 Prozent Chardonnay in diesem Jahr nichts verändert hat, bildeten diesmal die Pinot Noirs aus der Montagne de Reims das Rückgrat der Cuvée. Die Säure liegt mit einem pH-Wert von 3,0 zwischen dem sonnigen Jahrgang 2012 und dem kühleren, spät geernteten 2013. Die Dosage liegt bei 7 Gramm/Liter. Tatsächlich ist der im November 2021 degorgierte Champagner trotz der präsenten Säure zugänglicher als sein Vorgänger (der allerdings bereits nach sechs Monaten regelrecht aufblühte). In der Nase dominieren Zitrusfrüchte und Hefenoten. Sehr schönes Mund-gefühl und luxuriöse Perlage, den langen Abgang dominiert eine feine Salzigkeit (96 Punkte).

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