Wenn die ersten Blumen ihre bunten Köpfchen aus der Erde strecken, steht den Menschen der Sinne nach Farbe. Kein Wunder, dass Rosé-Champagner gerade im Frühling so beliebt sind. Vor zehn Jahren hat Champagne Nicolas Feuillatte seinen Réserve Exclusive Rosé kreiert, heute ist er einer der erfolgreichsten Rosé-Champagner Frankreichs. Anhand der neuesten Abfüllung wollten wir erfahren, wie sich die Cuvée heute präsentiert. Eine Premiere feiert dagegen Champagne Gosset mit der Cuvée Susanne Gosset. Als Hommage an eine Frau, die die Geschichte des Hauses stark geprägt hat, ist der Champagner sinnlich und anspruchsvoll zugleich. Die zweite Edition des Le Chant des Fûts von Champagne Le Brun de Neuville vervollständigt das Trio. Er ist freilich kein Rosé, sondern ein Blanc de Blancs, aber als ausgesprochen gelungener „Konzept-Champagner“ überaus zeitgemäß.
1. Le Brun de Neuville: Le Chant des Futs Blanc de Blancs
Mit dieser Cuvée erinnert Le Brun de Neuville an die Herstellung von Champagnern im frühen 20. Jahrhundert vor der Einführung der Zement- und Edelstahltanks. Ich hatte über die Premierenedition der kleinen Kooperative im Sézannais bereits berichtet (mehr hier). Für die Édition No2 ist der gleiche Blend verwendet worden wie für den Vorgänger. (Chardonnay aus 2019 im Holz vergoren, anschließend 19 Monaten gereift in kleinen Fässern von 205, 228 und 400 Litern sowie demi-muids.) Diesmal aber wurde die Flaschengärung um 18 Monate verlängert (deg. 29/10/2024, 2.514 Flaschen). Und anders als bei Édition No1 wurde diesmal 5,4 Gramm Dosage hinzugefügt. Also nun Extra Brut statt Zéro Dosage. Tatsächlich fällt der Unterschied bei der Verkostung kaum auf, das verlängerte Hefelager dagegen schon. Zumal sich das Holz spürbar integriert hat. Ein weiniger, aber dennoch dank der Säure sehr lebendiger Champagner. Zitrusfrüchte, Mandeln und Toast im Bouquet, am Gaumen kraftvoll, aber gut balanciert (92+p).
2. Champagne Nicolas Feuillatte: Réserve Exclusivement Rosé
Auch hinter Nicolas Feuillatte steckt eine Genossenschaft. Genauer gesagt ist es die Gruppe Terroirs et Vignerons de Champagne, mittlerweile hinter MHCS/LVMH der zweitgrößte Champagnerproduzent. Das sehr dynamische Unternehmen ist durch das Konzept groß geworden, Champagner zu „demokratisieren“ und nicht zuletzt in Supermärkten zu vertreiben. Was heute normal ist, war vor 40 Jahren ein Skandal. Der offensiv angenommene Preiswettbewerb in der „Grande distribution“ ging in der Anfangszeit gelegentlich zu Lasten der Qualität. Die Genossen erkannten aber frühzeitig, dass auch für sie Premiumisierung der beste Weg ist. 2017 wurde ein ultramodernes Produktionszentrum in Chouilly eröffnet, im gleichen Jahr wurde Guillaume Roffiaen zum Kellermeister ernannt. Seitdem ist die Qualität stark gestiegen.
Das spiegelt auch der Réserve Exclusivement Rosé wieder. Der besteht aus je 45% Pinot Noir und Meunier sowie 10% Chardonnay. Er ist eine Assemblage, das heißt, die weiß gekelterten Grundweine wurden mit 16–18% Rotwein verschnitten. Die Aromatik bestimmt hier eine frische und präzise Frucht, konkret Himbeeren und Erdbeeren. Auch am Gaumen zeigt sich der Champagner balanciert, mit ausreichender Säure und in sich stimmig. Ein schöner Aperitif-Champagner, nicht sehr komplex, aber tadellos (89p). Anders als manche Konkurrenten in den Preissegment schmeichelt er sich nicht durch Süße und (Über)Reife ein und bildet für ungeübte Champagnertrinker die Brücke zu einfacheren Pricklern wie Prosecco. Er ist ein „Champagner Champagner“ und das verdient Respekt!
3. Champagne Gosset: Cuvée Susanne Gosset Rosé Brut
Champagne Gosset, das älteste noch produzierende Weinhandelshaus in der Champagne, ist spätestens seit Ankunft seines amtierenden Kellermeisters Odilon de Varine zu einer Adresse für hoch individuelle Champagner geworden. Seit einigen Jahren gehört dazu eine ausgesprochene Rosé-Expertise. Aktuell hat das Haus in Familienbesitz nicht weniger als fünf Rosé-Champagner im Sortiment. Deshalb war meine Verblüffung groß, dass die Maison auf der diesjährigen ProWein auch einen neuen Rosé präsentiert hat, die Cuvée Susanne Gosset. Mit ihr will Gosset die Lücke schließen zwischen dem klassischen Aperitif-Champagner Grand Rosé und der Luxus-Cuvée Célebris Rosé auf der einen Seite. Und der limitierten Spezialität 12 ans de cave à minima. Es ist eine Hommage an Susanne Gosset, die das Haus zwischen 1955 und 1965 geleitet hat. Sie hatte 1947 einen ersten Rosé in eine transparente Flasche gefüllt – inspiriert durch die Parfümindustrie.
Beim 1985er Brut Rosé hatte das Haus diese Pioniertat noch einmal aufgenommen. Nach dem Verkauf an die Familie Renaud-Cointreau war die durchsichtige Antikflasche dem Grand Blanc de Blancs vorbehalten. Nun also der Relaunch des Rosés. Auch wenn es nicht auf dem Label steht, ist es ein Vintage (2017). Chardonnay dominiert (65%) gegenüber Meunier (17%) und Pinot Noir (11%). Die Assemblage erfolgte mit 7% Stillweinen aus Cumières. Auf neun Monate verlängerter Ausbau auf der Hefe, anschließend fünf Jahre Flaschengärung. Dann erfolgte die mit 11 Gramm/Liter relativ hohe (aber nicht spürbare) Dosage und ein einjähriges Post-Disgorgement-Lager. Das Resultat ist ein sehr strukturierter Rosé für Fortgeschrittene. Noten von Grapefruit und Brioche, sehr klar am Gaumen, mit straffer Säure, sehr guter Länge und schöner Salzigkeit (92–93p) . Sollte man unbedingt in einem Menü einsetzen.
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Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images