Blanc de Noirs, also „weißer“ Champagner ausschließlich aus roten Trauben, ist Trend in der Champagne. Viele Maisons haben in den letzten Jahren Premieren präsentiert. Über Bruno Paillards Blanc de Noir hatten ich hier geschrieben – diesmal stelle ich einen von Le Brun de Neuville vor. Cuvées, die ausschließlich aus Reserveweinen bestehen, sind zuletzt bei einigen Winzerchampagnern zu sehen gewesen. Nun hat sich Laurent-Perrier des Themas angenommen. Dazu präsentiere ich zwei völlig gegensätzliche Jahrgangschampagner.
1. Für Novizen: Pannier Vintage 2018 Brut
Über Champagne Pannier hat Sur-la-pointe in diesem Jahr nach einem Besuch vor Ort eine Reportage veröffentlicht (hier). Die Prestigemarke der Genossenschaft Covama aus dem äußersten Westen der Champagne hat zwei unterschiedliche Sparten in ihrem Programm. Einige Cuvées für Kenner, wie etwa die beiden Ode au Meunier. Und einen Einstiegsbereich, der die Sekt- und Prosecco-gewohnten Konsumenten mit Champagner bekannt machen soll. Der Vintage 2018 ist in diesem Sinn so etwas wie die Jahrgangsversion der sehr fruchtigen und weichen Basiscuvée, des Hauses, Sélection Brut. Auch der heiße Sommer 2018 verstärkt diesen Eindruck. Immerhin sorgt der recht hohe Chardonnay-Anteil von 45 Prozent (neben 35 Prozent Pinot Noir und 20 Prozent Pinot Meunier) für eine „bella figura“. Wer mit der stahligen Säure klassischer Champagner nicht so vertraut ist, bekommt hier einen Vintage-Champagner zum fairen Preis (88P.). Wer mehr Frische und Präzision sucht, sollte zum Blanc de Noirs Millésimé greifen, aktuell aus dem Jahrgang 2016.
2. Für Unkonventionelle: Le Brun de Neuville Blanc de Noir Extra-Brut
Die kleine Kooperative aus Bethon hat in den letzten Jahren massiv in Qualität investierte (hier mein Porträt). Vorbild sind nicht die großen Handelshäuser, sondern Winzerchampagner. Letztes Jahr habe ich einen im Holz ausgebauten Blanc de Blancs vorgestellt. Ganz neu auf dem Markt: der erste Blanc de Noirs aus 100 Prozent Pinot Noir. Als Teil der Côte-Linie soll er das Terroir der Côte de Sézanne zum Ausdruck bringen. Die Premieren-Cuvée besteht aus 46 Prozent Grundweine des Jahrgangs 2021 sowie 54 Prozent aus 2019, 2018 und 2013. 4 Prozent der Weine wurden im Holz ausgebaut, die Malo wurde teilweise geblockt. Mit 6 Gramm Dosage (deg.07/24) ist er als einziger aus dem Quartett als Extra-Brut etikettiert. Im Glas kräftiges goldgelb mit lebhafter Mousse, im Bouquet reife Äpfel, rote Beeren, Mandeln und etwas Brotteig. Recht wuchtig am Gaumen, aber dank der markanten Säure auch frisch und lebendig (91P.). Ein guter Essensbegleiter!
3. Für Erfahrene: Laurent-Perrier Héritage Brut
Soweit ich weiß, ist Laurent-Perrier Héritage der erste Champagner einer großen Maison, der ausschließlich aus Reserveweinen hergestellt wird. Es gibt hier also keinen Basisjahrgang, zu dem die Reserveweine geblendet werden. In dieser Hinsicht ist er das Gegenstück zum Vintage. Mit seinem „großen Bruder“, dem Grand Siècle, teilt er das Konzept des Multi-Vintage, das heißt, dass der Wein aus wenigen, ganz bestimmten Jahrgängen komponiert wurde. In der soeben vorgestellten ersten Ausgabe: 55 Prozent Chardonnay und 45 Prozent Pinot Noir aus 2014, 2016, 2018 und 2019. Allerdings bleibt er „nur“ für drei Jahre auf der Hefe. Die Dosage ist mit 6 Gramm eigentlich „extra brut“, auch wenn es das Etikett nicht vermerkt. Anders als beim Grand Siècle wurde die Premierenedition nicht nummeriert. Es ist ein reifer, sehr weiniger Champagner, mit Noten von Birnen und frischem Sauerteigbrot. Konzentriert und recht üppig, mit weicher Säure und schöner Textur, aber noch etwas kurz (93 P.).
4. Für Stilisten: Gosset Grand Millésime 2016 Brut
Der Vintage soll bei Gosset wie ein Foto den Jahrgang abbilden, deshalb werden dessen Eigenarten bei der Assemblage nicht ausgeglichen, sondern eher noch verstärkt. Kürzlich hat die Maison aus Épernay seinen Grand Millésime 2016 auf den Markt gebracht. Dieser Jahrgang ist für das Haus in Épernay außergewöhnlich gut ausgefallen. Es ist der erste Jahrgang, für den Odilon de Varine, der nach dem Tod von Jean-Pierre Mareigner Chef de Cave bei Gosset wurde, verantwortlich war. Anders als im Vorjahr dominiert wieder Chardonnay mit 61 Prozent gegenüber 39 Prozent Pinot Noir. Als Herkünfte der Trauben nennt das Haus unter anderem Ambonnay, Aÿ, Chamery, Cramant, Mailly, Le Mesnil-sur-Oger, Passy-sur-Marne, Pierry, Trépail und Vertus. Der Wein wurde 2023 degorgiert und mit einer niedrigen Dosage von 4 g/l versehen, aber als Brut etikettiert. In der Nase Apfel, Erdbeeren und Mandeln. Am Gaumen mit sehr schöner Frische, vielschichtig und enormem Trinkfluss (93-94 P.)
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Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images