Bruno Paillards Yin und Yang

Champagne Bruno Paillard ist eine Maison aus Reims. Die Gegend um die inoffizielle Hauptstadt der Champagne ist traditionell eine Pinot-Noir-Region. Und so gab es aus dem Gründungsjahr des Hauses einen 1981er Blanc de Noirs als Vintage. Seitdem spielt der Pinot Noir bei Bruno Paillard zwar eine große Rolle, einen reinsortigen Champagner aus roten Trauben hat es aber nie wieder gegeben. 42 Jahre später hat das Haus nun seinen ersten Blanc de Noirs als Multi Vintage vorgestellt.

Zunächst zu den grundlegenden Facts des neuen Blanc de Noirs: Basisjahrgang 2018 mit 12,5 Prozent Reserven aus einer 2015 angelegten „Réserve perpétuelle“. Trauben ausschließlich aus Grand-Cru-Gemeinden. Zu gut zwei Dritteln aus Verzenay, Verzy und Mailly von der nördlichen und zu einem Drittel aus Bouzy an der südlichen Montagne de Reims. 24 Prozent der Grundweine (ausschließlich von der ersten Pressung)  wurden im neuen Holz ausgebaut. Die Hefelagerung betrug etwas mehr als drei Jahre, meine Flasche wurde im November 2022 degorgiert und mit 3 Gramm Dosage pro Liter versehen. MV XB nennt die Maison diese Kategorie: Multi Vintage Extra Brut. Unter sie fallen hier bis auf den Dosage Zéro alle Champagner des Einstiegssegments.

Der lange Schatten des Blanc de Blancs

Das lange Warten auf einen Blanc de Noirs von Champagne Bruno Paillard hat sicher auch damit zu tun, dass der gleichnamige Gründer 1994 und 2004 exzellente Weinberge an der Côte des Blancs erwerben konnte. Seitdem hat sich das Haus mit seinem Blanc de Blancs Non-Millésimé, vor allem aber mit dem Vintage einen großen Ruf für reine Chardonnay-Champagner erworben. Um das zu unterstreichen, hielt Brunos Tochter Alice, die jetzige Direktorin des Hauses, zur ProWein eine Blanc-de-Blancs-Masterclass (wir berichteten). Jüngster Beweis: der im Herbst letzten Jahres vorgestellte Blanc de Blancs 2013 aus hauseigenen Weinbergen aus Oger und Le Mesnil-sur-Oger. Der zeigt sich derzeit sehr präzise und von enormer Frische. Im Bouquet mit Apfel und Limone, Mandarinen und Orangenschale, dazu weiße Mandeln, geröstete Haselnüsse und ein Hauch Brioche. Am Gaumen tritt dann das Aroma weißer Pflaumen hinzu, bei leicht cremiger Textur, zarter Perlage und sehr guter Länge (94 P.).

Die Eleganz des Nordens

Es war daher nicht zu erwarten, dass Alice Paillard nun einen Blanc de Noirs vorstellen würde, wie er derzeit in Mode ist. Etwa wie beim gerade vorgestellten (und durchaus gelungenen, mehr hier) Blanc de Noirs Essentiell von Piper-Heidsieck. Fruchtig, opulent und zuweilen auch in der Kombination mit Pinot Meunier. Beim Blanc de Noirs von Champagne Bruno Paillard soll dagegen ausdrücklich die Delikatesse und Eleganz der nördlichen Grand Crus der Champagne auf Kalkböden im Vordergrund stehen. Gerade Verzenay und Verzy mit ihren frischen, finessenreichen Pinot Noirs stehen derzeit bei mehreren klassischen Maisons im Fokus. Bei Champagne Louis Roederer bildet Verzy das Rückgrat der Vintage Champagner. Beide Crus fließen gemeinsam in die Prestige Cuvée Cristal. Champagne Bollinger hat vor Kurzem den Blanc de Noirs PN VZ 16 präsentiert, in dem Pinot Noirs aus Verzenay den Blend dominieren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die teilweise Richtung Norden exponierten Weinberge selbst in Hitze-Jahrgängen wie 2018 die Voraussetzungen für balancierte, rassige Champagner schaffen.

Wie aber präsentiert sich der neue Blanc de Noirs von Bruno Paillard im Glas? Sehr delikat, mit einem Hauch Kirsche, Aprikosen, gelben Rosen, Grapefruit und Quitte im Bouquet. Sehr schlank am Gaumen für einen Blanc de Noirs, mit zarter Salzigkeit und puristisch trocken. Vielleicht sollte man noch etwas warten, bis sich der Champagner aus seinem Schneckenhaus traut (93 P.). Wie es heißt, reifen bei Champagne Bruno Paillard bereits zwei Blanc de Noirs Vintages im Keller: 2015 und 2016. Wir sind gespannt. Auf jeden Fall bilden Pinot Noir und Chardonnay von nun an so etwas wie das gleichberechtigte Ying und Yang von Champagne Bruno Paillard.

Bildrechte

Fotos: Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

Mehr zum Thema und einführende Informationen:

Stefan Pegatzky: Champagner: Die 100 wichtigsten Maisons, Winzer und Kooperativen.

240 Seiten, zahlreiche Abbildungen.

Wiesbaden: Tre Torri Verlag, 2001.

Ausgezeichnet als bestes Weinbuch des Jahres 2021 mit dem Deutschen Kochbuchpreis in Gold

 

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