Masterclass Champagne Charles Heidsieck

Anlässlich der Präsentation des Vintages 2013 lud das Champagnerhaus Charles Heidsieck in Hamburg zur Meisterklasse. Das Thema: Hot & Cold Vintages. Damit wollte die Maison aus Reims den Einfluss des Klimas auf ihre Champagner demonstrieren. Die Präsentation wurde zu einem starken Statement für Jahrgangschampagner insgesamt.

3 Minuten Lesezeit

Jahrgangschampagner haben es schwer in Deutschland. Mengenmäßig machten sie 2022 nur 0,8 Prozent der Champagnerverkäufe hierzulande ein. Unter den Top-5-Exportnationen (neben uns noch USA, Japan, Großbritannien und Italien) nehmen wir seit Jahren den letzten Platz ein. Zudem ist Champagne Charles Heidsieck berühmt für seinen jahrgangslosen Brut Premier, dessen Qualität sich einem hohen Reserveanteil verdankt. Umso höher ist es der Maison und ihrem deutschen Importeur Eggerssohn anzurechnen, dass sie den neuen Jahrgang 2013 in Verbindung mit einer Meisterklasse präsentierten. Zu diesem Zweck war Exportmanager Maxime Watelet mit den letzten vier Jahrgängen nach Hamburg angereist, die das Haus separat gefüllt hat: 2006, 2008, 2012 und 2013.

Hot Vintages

Maxime Watelet, Exportmanager von Champagne Charles-Heidsieck

Der Ansatz der Meisterklasse war schon deswegen spannend, weil die Vintage-Champagner bei Charles Heidsieck eigentlich immer demselben Rezept folgen: Zunächst sind sie immer eine Assemblage aus 60 Prozent Pinot Noir und 40 Prozent Chardonnay. Wobei bei den Millésimes Blancs ausschließlich Premier und Grand Crus von der Montagne de Reims und der Côte de Blancs verwendet werden. Ausgewählt werden in der Regel zehn Gemeinden, allesamt Klassiker. Die Herkunftsgemeinden der letzten vier Millésimés waren Aÿ, Verzy, Tauxières, Avenay, Rilly, Ludes, Louvois, Ambonnais sowie Le Mesnil-sur-Oger, Vertus, Oger, Chouilly und Cuis. Auch die Vinifikation ist meist identisch: 100 Prozent Stahltank, die malolaktische Gärung wird vollzogen und das Hefelager währt überdurchschnittlich lang. Diese recht homogenen Ausgangsbedingungen sollten in der Summe Auskunft geben können, inwieweit die jeweiligen Jahrgänge Auswirkungen auf die Qualität und das Lagerpotenzial der unterschiedlichen Cuvées hatten.

Den Beginn des Tastings macht der Jahrgang 2006. Bei ihm folgte auf einen kalten Winter, ein trockenes und kühles Frühjahr, bei heißem und feuchtem Sommer und schließlich warmer und trockener Ernte. Das Resultat war ein hoher Ertrag bei niedriger Säure. Heute verkostet sich der Champagner sehr hedonistisch. Etwas reife rote Früchte wie Himbeere, Nougat und Brioche im Bouquet. Am Gaumen cremig mit weicher Säure, wenig Perlage, viel Umami und recht hoher Dosage. Hier ist es vor allem die Phenolik, die Spannung gibt. Sehr hedonistisch und sicher derzeit auf einem Höhepunkt, 92 Punkte. Auch 2012 sah einen sehr kalten Winter und eine Lese bei hohen Temperaturen, allerdings war das Frühjahr warm und brachte der Sommer viel Regen. Der Ertrag im Vergleich zu 2006 betrug nur die Hälfte, bei deutlich höherer Säure. Das resultiert in einer völlig anderen Art: eine hellere Aromatik in der Nase, schlanker und fokussierter. Es dominieren gelbe Steinfrüchte, dazu kommen Röstaromen. Am Gaumen wirkt der Champagner straffer und länger. 93 Punkte.

Cold Vintages

Beim neu vorgestellten 2013er-Jahrgang glich der Vegetationsverlauf einer Achterbahnfahrt. Sehr kalter Winter, Starkregen im Frühjahr, heißer Sommer und heftiger Regenfall zur späten Ernte im Oktober. Das sorgte für eine durchschnittliche Erntemenge, aber für ein ungewöhnlich stark von Salz und Kalk geprägtes Aromenprofil bei hoher Phenolik. Der im Januar degorgierte Champagner zeigte sich jedenfalls zunächst verhalten und entfaltete erst allmählich seinen Reichtum. Noch sehr hefig, dominieren auch in ihm gelbe Früchte, während im Mund feine, süße Bitternoten ein Essen zur Begleitung fordern. 93 Punkte. 2008 sah einen ausgewogeneren Jahresverlauf mit einem milderen Winter, einem recht kühlen Frühjahr, aber sehr harmonischem Ernteverlauf. Die Trauben sind sehr reif, aber mit einer hohen Säure wie 1996. Der Vintage von Charles Heidsieck jedenfalls ist von enormer Intensität: Bei sehr viel Spannung doch im Gleichgewicht, vielschichtig und mit großer Länge. Dazu kommt diese Salzigkeit, die das Kriterium großer Champagner ist. 96 Punkte.

Abgesehen von den persönlichen Verkostungsnotizen ist es vor allem interessant, welche Erkenntnis Charles Heidsieck selbst von einer Analyse der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen ihrer vier letzten Vintage-Champagner gezogen hat. So stellt die Maison drei wesentliche Trends fest: 1. Sehr kalte Winter kommen den Reben zugute, da sie sich ausruhen und auf bevorstehende schwierige Jahreszeiten vorbereiten können. 2. Das Sprichwort „Août fait le moût“ (der August macht den Most) hat weiterhin Gültigkeit, insbesondere die letzten 10 Tage vor der Ernte. 3. In der Champagne scheint es keine Verbindung zwischen Qualität und Qualität zu geben (weder beim Zuckergehalt noch bei der Säure). Fest stehen zudem die beiden Auswirkungen des Klimawandels: der geringere Säuregehalt (mit Ausnahme weniger außergewöhnlicher Jahrgänge) und eine reichhaltigere, weniger klassische Stilistik, wobei die Champagner ihre Trinkreife früher erreichen.

Bildrechte:

© Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

 

Kommentar

Your email address will not be published.

Zuletzt gepostet