Sonnengeküsst: Perrier-Jouët Belle Epoque 2015

Belle Epoque ist die Luxus-Cuvée der Maison Perrier-Jouët aus Épernay. Wie kaum eine zweite steht sie für einen femininen Stil und eine florale Aromatik. Wie stark drückt der wuchtige, heiße Jahrgang 2015 dem Champagner seinen Stempel auf?

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Selbst die Champagner-Gläser sind in diesem Jahr anders. Die Anemone ist noch da, aber sie hat türkise Blätter und wird von einem hauchzarten Kolibri der gleichen Farbe mit goldenem Pollen bestäubt. Auf dem Verpackungskarton der Édition Limitée des Belle Epoque 2015 geht es sogar noch ausgelassener zu. Vögel, Bienen, Käfer und Libellen führen dort einen regelrechten „Bestäubungstanz“ auf. Entworfen vom mexikanischen Künstler und Produktdesigner Fernando Laposse bilden diese Entwürfe vielleicht die bisher gelungenste Weiterentwicklung des klassischen Art-Déco-Designs des Belle Epoque, seit Perrier Jouët 2012 mit seinem Künstlerprogramm begonnen hat. Ein Tipp für alle diejenigen, die keine weiteren Gläser benötigen: Von Laposse gibt es für den Millésime 2015 auch ein minimalistisches Etui namens „Cocoon“. (Mehr Infos über die bemerkenswerte Zusammenarbeit gibt es hier.)

Von 1902 über 1969 bis 2015

Von allen Prestige Cuvées ist Belle Époque mit dem ikonischen Jugendstil-Design von Emile Gallé eine der erfolgreichsten. Der ursprüngliche Entwurf geht auf die damaligen Inhaber der Maison, Henri und Octave Gallice zurück, die 1902 den Künstler Emile Gallé kennengelernt hatten. Der war nicht nur einer der Pioniere der Art-Nouveau-Bewegung, die die Natur als Inspirationsquelle nutzte, sondern auch ein bekannter Botaniker. Damals verzierte er eine Magnumflasche des Hauses mit einer weißen japanischen Anemone. Sein Werk fiel freilich in Vergessenheit und wurde erst 1964 wiederentdeckt. Durch einen modernen Glasmacher reproduziert, zierte die Anemone erstmals 1969 wieder Flaschen von Perrier-Jouët. Die „Belle Epoque“ benannte Cuvée war ein solcher Erfolg, dass sie bald die eigentliche Prestige Cuvée des Hauses, Blason de France, als Top-Abfüllung ablösen sollte.

2015 ist der fünfte Jahrgang Belle Epoque in Folge. Ein Rekord, ohne dass das Haus darauf eigens hinweist. Anders als etwa 2011, was ein qualitativ prekärer Jahrgang war und bei dem es von vielen Grandes Marques keine Prestige Cuvée gab, ist 2015 unumstritten. Tatsächlich gab es dieses Jahr in der Champagne nicht nur eine der heißesten Vegetationsperioden aller Zeiten, sondern auch eine der kürzesten. Die enorme Trockenheit reduzierte den Ertrag um gut ein Fünftel, sorgte aber auch für sehr gesundes Lesegut. Das sorgte erst einmal für die üblichen Schlagzeilen. Bei den fertigen Champagnern konnte man dann aber insbesondere beim Pinot Noir eigenartig grüne, kräutrige Noten feststellten, deren Ursache unklar ist. Möglicherweise liegt es an mangelnder phenolischer Reife oder am Trockenstress. (Ein gute Diskussion gibt Peter Liem.) Jedenfalls scheinen Reben, die auf wasserspeichernden Kalkböden wachsen, besser mit dem Problem fertiggeworden zu sein.

Der aktuelle Jahrgang

In Jahrgängen, in denen die Herkunft – und das bedeutet in der Champagne: der größtmögliche Anteil an Grand-Cru-Lagen – eine so wichtige Rolle spielt, sind Prestige Champagner im Vorteil. Belle Epoque wird klassischerweise aus 50 Prozent Chardonnay, 45 Prozent Pinot Noir und 5 Prozent Pinot Meunier komponiert. Dieses Jahr stammt der Chardonnay aus den Côte-des-Blanc-Gemeinden Cramant, Avize, Mesnil-sur-Oger und Chouilly. Der Pinot Noir aus Crus der Montage de Reims: Mailly, Verzy, Verzenay und etwas aus Ambonnay. Und schließlich der Pinot Meunier aus Dizy im Grande Vallée de la Marne. Eine noble Herkuft, die das Haus früher als sein „magisches Dreieck“ von Grand-Cru-Lagen bezeichnet hat. 2015 hat das Haus jedenfalls kaum besondere Anpassungen an den Jahrgang vornehmen müssen.

Mit einer Ausnahme: So bemerkte Kollege Ulrich Sautter bei der Verkostung einen recht niedrigen Druck. Und Kellermeisterin Séverine Frerson bestätigte im Gespräch, dass die Dosage de Tirage angepasst worden sei, womit ein Druck von 5 statt 6 bar zu erreicht wurde, aber eben auch der Alkoholgehalt unter 13 Prozent geblieben sei.

Im Übrigen kehrt der Belle Epoque im „solaren“ Jahrgang 2015 mit seinem kontinentalen Klima wieder zum verschwenderischen, hedonistischen Stil zurück, wie man ihn vergleichbar 2012 finden konnte. Ganz im Gegensatz zum „atlantischen“ Jahrgang 2014 mit seiner klassischen Eleganz oder zum vertikalen, langlebigen 2013er. Im Bouquet finden sich Aromen von Pfirsich, Apfel, Grapefruit, etwas Ingwer und Konditorcreme. Am Gaumen präsentiert sich der Champagner dicht, weich und mit einer luxuriösen Textur. Die aus einer Solera seit 2012 gewonnene Dosage wirkt recht präsent, gibt aber dem Wein mit seiner tiefen Fruchtsüße einen hinreißenden Kick. 95 Punkte. Zum ersten Mal trägt das Rückenetikett übrigens einen QR-Code, der derzeit nur zu recht allgemeinen Informationen weiterleitet. In Zukunft, so Frerson, wird es über ihn mehr Infos zur Cuvée geben und sich der Weg der jeweiligen Flasche nachverfolgen lassen.

Bildrechte

Für die Fotos: Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images
Für das zugrunde liegende Design: Perrier-Jouët und Fernando Laposse

 

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