SLPs Top 6 (+1) Falstaff Champagner Gala 2022 in Berlin

Seit vielen Jahren ein fester Termin in Wien, findet die Falstaff Champagnergala seit 2013 auch in Berlin statt. Nach dem Corona-Aussetzer 2020 und Restart in 2021 zeigte sich die diesjährige Präsentation stabil, konnte aber bei der Zahl der Aussteller noch nicht an richtig erfolgreiche Jahre wie 2018 anknüpfen.

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Die Champagne hat ein schwieriges Jahr 2020 und ein sensationelles Jahr 2021 hinter sich. Angesichts der anhaltenden Kapazitätsengpässe bei vielen Häusern konnte man gespannt sein, welche Weine die Produzenten in Berlin präsentieren würden. Umso dankbarer waren die Besucher, dass viele Häuser neben dem Standardsortiment auch die ein oder andere Spitze vorstellten. SLP präsentiert 6 Top-Picks und eine Überraschung.

Alfred Gratien Brut Millésimé 2007

Eine Flasche Champagner von Alfred Gratien

Die Maison hat ihren Ursprung in Saumur und ist heute in deutschem Besitz (Henkell-Freixenet) – und gilt doch als Hochpriester der Tradition in der Champagne. Klassisches Handwerk, Ausbau im Holz und Vergärung ohne Malo sorgen für Champagner im „Old English Style“, die sich hervorragend zum Essen genießen lassen. Chardonnay dominiert traditionell, in diesem Fall 59 %, dazu 16 % Pinot Noir und 25 % Pinot Meunier. 2007 ist der aktuelle Vintage der Maison – und damit sechs Jahre älter als die Prestige Cuvée Paradis. Auch das eine Besonderheit in der Champagne. Der Champagner jedenfalls ist weinig, erstaunlich frisch und wundervoll reintönig.

Le Brun de Neuville Double Autolyse

Eine Flasche Champagner von Le Brun de Neuville

Unter den Winzergenossenschaften in der Champagne herrscht eine Menge Bewegung. Mit an der Spitze steht derzeit Le Brun de Neuville. 1963 gegründet, erstrecken sich die Weinberge der Kooperative über 12 Gemeinden an der Côte de Sézanne. Diese bilden tatsächlich so etwas wie die Fortsetzung der Côte des Blancs nach Südwesten. Entsprechend ist der Chardonnay, der hier mit 90 Prozent dominiert, auch von den Grands Marques sehr gesucht. Le Brun de Neuville hat vor Kurzem sein Portfolio völlig neu strukturiert. Unter dem Label „Autolyse“ werden Champagner mit sehr langer Flaschengärung angeboten: In diesem Fall im Holz ausgebaute Chardonnay-Grundweine aus dem Jahrgang 2010, die 2022 degorgiert wurden: ein kräftiger, vinöser und vielschichtiger Champagner.

Moutard Père & Fils Arbanne Vielles Vignes 2014

Eine Flasche Champagner von Champagne Moutard

Champagne Moutard möchte nach eigenen Worten eine Brücke zwischen den Weinen von gestern und heute zu schaffen. Dies umfasst sowohl die alten, naturnahen Weinbergtechniken im Süden der Champagne, den Rebschnitt und die Orientierung an den Mondphasen, bis hin zur Pflege der alten Rebsorten. Von der überaus seltenen Arbane, die angeblich bereits im Jahre 1388 unter dem Namen Albane im Département Aube in der Champagne zum ersten Mal nachgewiesen wurde, besitzt die Familie 1,3 Hektar Rebfläche. Lange Zeit war das Haus Moutard das einzige, das eine reinsortige Cuvée aus Arbanne produziert hat. Das lag neben der Seltenheit der Traube auch daran, dass die Rebsorte für ihre hohen Säurewerte bekannt ist. Im Zeichen des Klimawandel ist das freilich willkommen – dennoch ist der Champagner aus Polisy in der Côte des Bar rar. Gerade einmal 10.000 Flaschen werden produziert. Die Cuvée aus dem Jahrgang 2014 ist im Holz ausgebaut und fiel sehr weinig aus, mit exotischem Bouquet und weicher Perlage.

Pascal Doquet Le Mesnil sur Oger Grand Cru Cœur de Terroir 2008

Eine Flasche Champagner von Pascal Doquet

Als einer der Vordenker der Bio-Bewegung in der Champagne verfügt Pascal Doquet über exzellente Lagen in Le Mesnil-sur-Oger. Seinen »Coeur de Terroir« aus fünf der berühmten mittleren Hanglagen des Ortes (unter anderem Les Chétillons) hat er 2008 anders als in den Jahren zuvor komplett im Holz ausgebaut und dazu die Malo ablaufen lassen, um die Kompromisslosigkeit von Terroir und Jahrgang etwas zu zähmen. Doquet hatte nach Berlin den gleichen Champagner mitgebracht, den ich für mein Champagner-Buch aus dem Tre-Torri-Verlag vorgestellt hatte. Die Verkostungsnotiz ist fast die gleiche wie vor 18 Monaten: Noch ist der Wein freilich ‚in the making‘. Zu Beginn sehr verhalten, dann changieren die Aromen unter Lufteinfluss deutlich: prägnante Birne, Limone und leicht vegetabil, aber auch merklich Holz. Eher kraftvoll-weinig als elegant, dabei zart bitter und immer noch ziemlich verschlossen. 

William Deutz Brut Millésime 2013

Eine Flasche Champagner von Champagne Deutz

Das Haus aus Aÿ mit den deutschen Wurzeln war 1993 von der Maison Roederer übernommen worden und hatte sich kurz darauf von der deutschen Sektproduktion Geldermann getrennt. William Deutz ist seit 1961 die klassische Prestige Cuvée des traditionsreichen Hauses, die nach dem großen Erfolg des Amour de Deutz allerdings ein wenig in den Hintergrund getreten ist. Aber Aÿ ist natürlich ein Zentrum des Pinot Noir in der Champagne. Dem entspricht der Blend von 65 Prozent Pinot Noir, 32 Prozent Chardonnay und 3 Prozent Pinot Meunier. Dem Trend zu üppigen, „solaren“ Jahrgängen der letzten Zeit steht 2013 diametral gegenüber. In diesem verhältnismäßig kühlen, spät reifen Jahr mit seiner langen Vegetationsphase präsentiert sich der William Deutz kraftvoll, sehnig und noch völlig verschlossen. Ein Champagner zum Einlagern.

Leclerc Briant Cuvée 150ème Anniversaire Brut Zéro

Eine Flasche Champagner von Leclerc Briant

Diese auf gerade einmal 3.000 Flaschen limitierte Edition feiert den 150 Geburtstag des in Cumières an der Marne gegründeten, später nach Épernay umgesiedelten Champagnerhauses. Seit 1964 war der Produzent ein Pionier im ökologischen, 1990 auch im biodynamischen Landbau. 2008 war die Maison der erste biodynamisch zertifizierte Négociant in der Champagne. Dann allerdings verstarb Pascal Leclerc Briant 2010 vorzeitig mit 60 Jahren, und 2012 wurde die Maison 2012 vom US-amerikanischen Ehepaar Mark Nunelly und Denise Dupré übernommen. Mit dem Besitzerwechsel verbunden war der Verlust vieler großartiger Weinlagen insbesondere in Cumières. An eine der kostbarsten erinnert die Cuvée 150: Enthält sie doch neben Grundweinen aus dem Jahrgang 2014 (50 Prozent Chardonnay und 50 Prozent Pinot Meunier) 10 Prozent Reserveweine aus der Einzellage Chèvres Pierreuses von 2010. Man mag das sentimental nennen. Aber so vermischt sich in dieser einzigartigen Jubiläumscuvée sprudelnde Lebensfreude mit den Tränen des Verlusts. Selbst wenn man davon nichts weiß, verkostet sich dieser Champagner frisch, salzig und vibrierend vor Energie.

Die Überraschung: Maison Burtin Hommage à Gaston Burtin 2014 Brut

Eine Flasche Champagner von Maison Burtin

Champagnerhäuser tragen vielfach die Namen ihrer Gründer. Manche sind legendär (wie Veuve Clicquot), manche beinahe mythisch (wie Dom Pérignon) und einige sind die Pioniere der näheren Vergangenheit (wie Jacques Selosse). So verfährt auch die Maison Burtin, die mit der „Hommage à Gaston Burtin“ den Gründernamen noch einmal deutlich hervorhebt. In der Tat war Gaston Butin ein großer Mann in der Champagne, aber alles andere als eine Lichtgestalt. Der legendäre Weinjournalist Pierre-Marie Doutrelant hat in den Siebzigerjahren einmal geschrieben: Wenn Robert de Voguë von Moët & Chandon „die Sonne des Champagner-Wunders gewesen sei, dann sei Herr Burtin ihr Mond gewesen.“ Tatsächlich hat Burtin und das von ihm kontrollierte Unternehmen Marne et Champagne wie kein anderes die Expansion der Champagne durch Niedrigpreise und den Vertrieb von Phantasiemarken in Supermärkten vorangetrieben. Zugleich hat er das Wachstum renommierter Marken ermöglicht, die mit der Produktion nicht nachkamen: Indem er ihnen fertige Champagner lieferte, die diese dann als die ihren etikettierten. Die Schlachten vergangener Jahrzehnte hat weder Burtin noch Marne et Champagne überlebt. 2006 gelangte die Marke zur Gruppe BCC von Bruno Paillard und Philippe Baijot. Die hat einigen Mitgliedern ihres Portfolios ein bemerkenswertes Comeback verschafft. Vor Kurzem startete auch die Maison Burtin nach einem Facelift neu durch. Von der in Berlin vorgestellten Serie konnte besonders der Millésime überzeugen. Frisch, dicht und saftig, bei einem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber bei dieser Qualität versöhnen wir uns mit der Erinnerung an Gaston Burtin.

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