SLPs Top 5 Falstaff Champagner Gala 2023 in Berlin

Was wäre der Oktober in Berlin ohne die Falstaff-Champagner-Gala? Nach Stationen in Frankfurt am Main und Düsseldorf an den Vortagen sah Berlin am 18. Oktober das Finale der diesjährigen Präsentationen. Frisches Blut brachte der Auftritt zweier Schwergewichte der Branche: die Importeure KierdorfWein und Lobenbergs Gute Weine.

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Auswahl von Kierdorf mit Überraschung Champagne Cordeuil

Angesichts der wie Pilze aus den Boden schießenden Schaumwein- und Champagnerpräsentationen in Deutschland konnte man froh sein, dass die Zahl der Aussteller bei der Falstaff Gala in Berlin mit 20 gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben ist. Weil die Premierenteilnehmer Lobenberg und Kierdorf zwei beziehungsweise sechs Produzenten vertraten, ist die Zahl der gezeigten Champagnerhäuser insgesamt sogar gestiegen. In meinen Top-Picks verzichte ich darauf, Champagner aus den Häusern Roederer, Piper-Heidsieck, Pascal Doquet und Le Brun de Neuville auszuwählen, über die sur-la-pointe erst kürzlich berichtet hat. Kierdorf hat zwar ein spannendes Sortiment (Agrapart, Henri Giraud, Pertois Moriset, Pierre Paillard, Cordeuil Père et Fille sowie Jean Philipp Trousset) mitgebracht, zu probieren gab es allerdings nur die Einstiegsweine, die es allesamt nicht in meine Liste geschafft haben. Immerhin gab es hier von Cordeuil mit dem Brut Millésime 2009 wohl den Champagner mit dem besten Preisleistungsverhältnis des Abends (24,97 Euro).

1. Laurent-Perrier Grand-Siècle Itération 26

Unter den großen Prestige-Cuvées war der Grand Siècle von Laurent-Perrier wohl der erste Konzept-Champagner. Kein Jahrgangswein, aber auch keine klassische Assemblage. 1960 schuf Direktor Bernard de Nonancourt die Formel von der 3-Jahrgangs-Assemblage. Ein Jahrgang für die Struktur, einer für die Finesse und einer für die Frische. Wobei ein Jahr mit gut 60 Prozent die Basis und die beiden anderen die Reserven bilden. Heute nennt man das Multi-Vintage. Bis 2019 hat die Maison die Kunden darüber im Unklaren gelassen, welche Komposition tatsächlich in der jeweiligen Flasche war. Dann wurde ein neues Bezeichnungssystem vorgestellt, die »Itération«, die auf der Halsschlaufe die fortlaufende Nummer der Cuvée nach ihrer Einführung 1960 trägt. Bei der Nummer 26 handelt es sich um die hervorragenden Jahre 2012 (65 %), 2008 (25 %) und 2007 (10 %). Eine großartige Cuvée, mit Kraft, Komplexität und (mit gut 58 % Chardonnay und 42 % Pinot Noir) formidabler Frische (96 P.).

2. Laherte Frères Les 7 Extra Brut

Mittlerweile hat sich wohl zumindest rumgesprochen, dass in der Champagne mehr als nur drei Rebsorten zugelassen sind. Vor allem Winzer im „Wilden Süden“ der Region haben in den letzten Jahren mit spannenden Cuvées an die Trauben-Diversität des Champagners erinnert. Im nahe Épernay gelegenen Ort Chavot hatte aber 2003 auch Thierry Laherte einen 1,7 Hektar großen Weinberg im gemischten Satz mit den sieben damals per Gesetz erlaubten Rebsorten als eine Art „Test Plot“ angelegt. Als Sohn Aurélien dann 2005 übernahm, stellte er nicht nur auf biodynamische Bewirtschaftung um, sondern baute die Trauben gemeinsam aus und füllte die Cuvée als „Le Clos“ ab. Parallel allerdings legte er ab 2005 auch eine kontinuierliche Reserve (oder: Solera) an, aus der dann der „Les 7“ entstehen sollte.

In der aktuellen Cuvée reicht sie von 2005 bis 2019. Die Anteile der Rebsorten lauten: Chardonnay 18%, Pinot Meunier 18%, Pinot Blanc 17%, Petit Meslier 15%, Pinot Noir 14%, Pinot Gris 10% und Arbanne 8%. Ich muss gestehen, dass ich Cuvées der „vergessenen Rebsorten“ vor allem wegen ihrer kulturellen Bedeutung schätze. Doch bei Laherte stach die Cuvée deutlich heraus, vor den ebenfalls sehr guten Empreintes 2016 und Les Beaudiers Rosé de Saignée aus Pinot Meunier. Pur, vielschichtig und mit sehr gutem Säurebogen, der sich dem großartigen 2019er-Jahrgang verdankt (94 P.). Ob es nach der Zulassung der Hybrid-Rebe Voltis in der Champagne nun bald einen „Les 8“ geben wird?

3. Lanson Le Black Reserve

Lanson ist von den Champagnern der traditionellen Marken der wohl unterschätzteste. Dabei besaß das Haus noch in den 1960er-Jahren über 200 Hektar erstklassiger Weinberge, die die Grundlage für die hohe Qualität seiner Champagner bildeten. Durch diesen Besitz geriet es freilich in das Fadenkreuz großer Konzerne, und ab 1970 begann bald geradezu ein Reigen von Besitzerwechseln, der seinen Tiefpunkt 1990 fand, als LVMH das Haus übernahm, um es vier Monate später wieder zu verkaufen – und die Weinberge dabei für sich behielt. Die Wende kam erst 2006, als die Gruppe BCC Lanson übernahm und wieder in die Qualität investierte. 2023 ging das Haus − wie vor ihm Jacquesson, Krug und Roederer – den Schritt und wandelte seinen jahrgangslosen Einstiegschampagner in einen Multi-Vintage um, beginnend mit Le Création 257.

Noch mehr schätze ich allerdings den Le Black Reserve. Hier kommen zwei Dinge zusammen. Einmal die konsequente Verweigerung der malolaktischen Gärung, einer grundsätzlichen stilistischen Entscheidung von Lanson, was zu einer prononcierten und überaus präzisen Säure führt. Und dann die lange Hefelagerung, in diesem Fall von gut sieben Jahren. Das führt zu einem Champagner, dem man den bestimmenden Basisjahrgang 2015, der gerade beim Pinot Noir häufig recht schwerfällig ausfiel, kaum anmerkt, im Gegenteil. Die Assemblage (50 % Pinot Noir, 30 Prozent Pinot Meunier, 20 Prozent Chardonnay) wirkt geradezu perfekt abgestimmt. Ein hervorragender Essensbegleiter zu einem sehr fairen Preis (94 P.).

4. Pierre Gerbais La Loge Extra Brut

Das Champagnerhaus aus Celles-sur-Ource aus dem Department Aube hatte es 2021 nicht in mein Champagnerbuch geschafft. Unbestritten gehört es aber zu der zunehmenden Zahl von Betrieben, die den lange ignorierten Süden der Region in einen Innovationsmotor der Appellation verwandelt haben.

Aurélien Gerbais, heute der Leiter des 1930 gegründeten Hauses, hat in Burgund studiert und mit Kultwinzer Olivier Lamy gearbeitet. Insofern verwundert es nicht, dass Gerbais kein großer Anhänger des traditionellen Assemblage-Ansatzes der Grandes Marques ist (bis auf den Einstieg Grains de Celles), sondern der Burgund-Philosophie folgt. Und die heißt bekanntlich: rebsortenreine Weine aus Einzellagen. Bochot aus 100 % Pinot Meunier etwa, Beauregard aus Pinot Noir – und La Loge aus Pinot Blanc Vrai, wie die Rebsorte in Abgrenzung an den Auxerrois aus dem Elsass hier heißt. Im Unterschied zum Burgund aber ausgebaut als Solera, hier von 2011 bis 2019. Der Wein ist präzise und dank nur 3 Gramm Dosage als Extra Brut sehr klar. Allenfalls die etwas weiche Säure verrät, dass dieser Blanc de Blancs eben doch nicht aus Chardonnay-Trauben stammt (93 P.).

5. Leclerc Briant Abyss 2017 Brut Zéro

Das Haus Leclerc Briant ist vor allem deswegen bekannt, weil es unter Pascal Leclerc Briant sowie dem Berater Hervé Jestin ein Pionier der biodynamischen Bewirtschaftung war. Nach dem Tod des Inhabers und dem Verkauf des Hauses durch die Erben gingen fast sämtliche der perfekt gepflegten Parzellen verloren. Nur unter großen Anstrengungen haben die heutigen Besitzer, das US-amerikanischen Ehepaar Mark Nunelly und Denise Dupré, wieder eigene Flächen erwerben können, die heute teilweise als Single Vineyards separat angefüllt werden.

Große Aufmerksamkeit erhielt das Gut, als sie einen Champagner aus dem Jahrgang 2013 mit Zero Dosage in 60 Metern Tiefe vor der bretonischen Atlantikküste versenkt hatten und erst ein Jahr später an die Oberfläche holten, um ihn dann zu vermarkten. Nicht zuletzt die vielen Nachahmer gaben ihnen recht, das Ganze war mehr als nur ein Marketing-Gag. Der aktuelle Jahrgang 2017 besteht aus 34% Pinot Noir, 33% Pinot Meunier und 33% Chardonnay wirkt sehr reif, dicht und exotisch, aber mit seiner samtigen Textur auch sehr luxuriös (95 P).

Bildrechte

Fotos: Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

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