Champagner-News und 7 Top-Picks von der ProWein 2024

2023 ist der Champagnerverkauf 2023 unter die psychologisch wichtige Schwelle von 300 Millionen Flaschen gesunken, ein Absatzminus von 8,2 Prozent. Allerdings liegt der Verkauf über den 297,3 Millionen Flaschen im Vor-Corona-Jahr 2019 und ist das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der Appellation. Auf der ProWein haben sich 2024 die Champagnerproduzenten schwächer als sonst präsentiert. Alleine in der populären Champagne Lounge ist die Zahl von 60 auf 41 Aussteller zurückgegangen. Nichtsdestotrotz bleibt die ProWein einer der besten Orte hierzulande, um sich über die aktuellen Entwicklungen der Champagne zu informieren.

5 Minuten Lesezeit

Dieses Jahr gab es wenige neue Editionen von Prestige Cuvées der großen Marken. In Abwesenheit von Marktführer Moët-Hennessy zeigten Häuser wie Roederer oder Pol Roger noch einmal die 2015er (Cristal bzw. Winston Churchill), Bollinger die Grande Année Rosé 2014. Ansonsten gab es natürlich die aktualisierten Basis-Champagner und den ein oder anderen neuen Vintage (wie Roederer Rosé 2017). Bereits 2023 wurde deutlich, dass Pommery das Premium-Segment neu justiert, etwa mit dem Launch der starken Cuvée 150. Auf der ProWein zeigte das Haus erste Relaunch-Exemplare des Apanage Brut. Im Laufe des Jahres werden auch ein neuer Rosé und Blanc de Blancs folgen. Damit soll sowohl qualitativ wie optisch der Abstand zum Standart-Repertoire vergrößert werden. Eine interessante Personalie: Axel Gillery, Head of Marketing & Communication, wechselt von Pol Roger zu Tsarine. Wie aus Lanson-BCC-Kreisen zu hören war, soll das 1787 gegründete Haus neu aufgestellt werden.

1. Lanson Noble Brut Vintage 2004

Die Maison aus Reims hat mich in den letzten Jahren immer wieder durch starke Vorstellungen überzeugt (hier etwa zum Le Black Reserve). Auf der ProWein gab es Le Vintage 2013 zu verkosten. Ein kühler Jahrgang bei geblockter Malo konnte das Haus früher schon einmal vor Herausforderungen stellen und wurden dann durch zu viel Dosage überdeckt. Mittlerweile schafft Lanson mit sehr langer Hefelagerung ein wunderbares Gleichgewicht (93 P.). Dann gab es die neu justierten Prestige-Cuvées Noble 2004 Brut sowie Noble Blanc de Blancs 2004, die die Noble Cuvée ersetzen. Beide kombinieren einen großen Reichtum an autolytischen Aromen mit enormer innerer Frische. Mittlerweile erweist sich die Konsequenz, die Milchsäuregärung nicht durchzuführen, als Glücksfall. In meinen Augen hat der Blend derzeit die Nase vorn (95 P.). Etwas verwirrend, dass vom Folgejahr 2005 in 2018 degorgierte Flaschen in der „alten“ Aufmachung der Noble Cuvée auf Auktionen oder in der Lufthansa First Class kursieren.

2. Gosset Celebris Extra But 2012

Gosset teilt mit Lanson eine lange Geschichte, die Vorliebe für Edelstahl, das Blockieren der Malo sowie den Umstand, über keine eigenen Reben zu verfügen. Allerdings ist die deutlich kleinere Maison Gosset noch in Familienbesitz und favorisiert vor allem den Chardonnay. Celebris 2012 ist der Nachfolger des 2008er-Jahrgangs und erst der neunte seit Einführung dieser Prestige Cuvée. Dass 2012 hier ein Erfolg war, hat bereits der überzeugende Grande Millésime Brut aus diesem Jahr gezeigt. Der größere Bruder Celebris ist kraftvoll und konzentriert. Im Bouquet Birnen, Zitrus und Konditorcreme, am Gaumen sehr weinig. Die kraftvolle Säure wird noch etwas überdeckt, wird dem Champagner aber ein langes Leben verleihen. (95 P.). Daneben wurde noch einmal Celebris Rosé 2008 präsentiert. Eindrucksvoll, aber hier geht mir die Dichte etwas zu Lasten der Eleganz (93 P.).

3. Philippe Gonet Blanc de Blancs Grand Cru Millésime 2017

Le Mesnil-sur-Oger ist seit 1910 Sitz der Familie Gonet, die in der 7. Generation Weinbau treibt. Seit 2001 leiten die Geschwister Chantal und Pierre Gonet die Maison, die früh das Erbe ihres Vaters nach dessen plötzlichem Tod angetreten haben. Heute besteht ihr Portfolio aus sechs Blancs de Blancs, zwei Brut und einem Rosé. Die 20 Hektar eigene Reben verteilen sich auf acht Gemeinden, der größte Schatz aber befindet sich natürlich auf dem Grand-Crus-Terroir von Le Mesnil-sur-Oger. Beindruckt auf der ProWein haben mich besonders zwei Cuvées. Einmal der pure, elegante Ter Blanc, ein Blanc de Blancs Extra-Brut aus drei Parzellen (aus Mesnil, Oger und Ludes) und drei Jahrgängen (92 P.). Und dann der Blanc de Blanc Grand Cru Millésime 2017 aus Parzellen in Le Mesnil-sur-Oger und Oger. Mit seiner wunderschönen Präzision und Vielschichtigkeit lässt er die Schwierigkeiten des Jahrgangs völlig vergessen (93 P.)

4. Domaine Alexandre Bonnet Blanc de Noirs Hardy Récolte 2019

Über Alexandre Bonnet hatte ich zuletzt ein eigenes Porträt auf Sur-la-pointe verfasst (mehr hier). Das Haus in Les Riceys im Süden der Appellation an der Grenze zum Burgund war 1970 gegründet worden. Im Laufe der Jahre hatte es die Familie zum Négociant ausgebaut und mangels Nachfolge 1998 an die Champagnergruppe Lanson-BCC verkauft. Seit 2019 gibt es zwei Betriebe: das Handelshaus Maison Bonnet sowie die Domaine Alexandre Bonnet, die nur eigene Trauben verarbeitet.

Auf der ProWein habe ich zum ersten Mal die beiden stilistisch sehr eindrucksvollen Coteaux Champenois in Rouge und Blanc probieren können. Und dann hatte der neue Kellermeister Irvin Charpentier – „Son of burgundy, brother of Champagne“ – auch zwei neue Cuvées mitgebracht. Die Einzellagen Les Vignes Blanches und Hardy, beide Blancs de Noirs aus 2019 mit lediglich 1 Gramm Dosage. Mir gefiel die Premiere des Hardy, wo der Pinot Noir in Nord-Exposition steht, in seiner puren Floralität am besten. Beeindruckend auch, wie die frische Säure des Jahrgangs die Cremigkeit des Champagners ausbalanciert (93 P.).

5. Soutiran Grand Cru Millésimé 2018

Ambonnay war einst ein Geheimtipp für Pinot-Noir-Champagner von Winzern. Doch dann wurde Francis Egly von Champagne Egly-Ouriet zum Superstar und die Maison Krug setzte die Cuvée Clos d’Ambonnay an die absolute Spitze ihre Portfolios. Seitdem ist Ambonnay wohl eine der bekanntesten Gemeinden der Champagne überhaupt. Dass hier trotzdem bei allem Bewusstsein des eigenen Savoir-faire noch ganz unaufgeregt beste Qualität zu fairen Preisen erzeugt werden kann, zeigt Champagne Soutiran. Das Haus besitzt 8 Hektar und nutzt 2 Hektar von Familie und Freunden, ist also technisch ein Négociant.

Angesichts der landläufigen Gleichsetzung von Ambonnay und Pinot Noir überrascht, dass nur die zart rebhuhnaugenfarbene Cuvée Perle Noire sowie der Rosé de Saignée reine Pinot-Noir-Champagner sind. Tatsächlich besteht in Ambonnay 20 Prozent der Rebfläche aus Chardonnay – was sich auch in den Blends bei Soutiran niederschlägt. Der Höhepunkt ist sicher der Grand Cru Millésimé, hier aus 2018. 60 Prozent Pinot Noir und 40 Prozent Chardonnay, zu 10 Prozent im Holz ausgebaut. Bei aller Kraft und aromatischen Wucht, die zu den Weinen von Ambonnay gehört, zeigt er zugleich Balance und Frische (94 P.).

6. François Secondé Blanc de Blancs Grand Cru Sillery 2016

Für geschichtsbewusste Champagner-Liebhaber hat der Name Sillery einen mythischen Klang. Das gleichnamige Château gehörte einst der Familie Brûlart de Sillery, hoch gestellten Mitgliedern des französischen Hofes. Als Ludwig XIV., der spätere Sonnenkönig, 1654 in Reims zum König gekrönt wurde, wurde den Gästen Weine aus der Abtei von Hautvillers, dem Sitz von Pierre „Dom“ Pérignon, und Schloss Sillery serviert. Nicht zuletzt von hier aus eroberte der Champagner die Londoner Oberschicht. Heute gehören fast alle Weinberge des Ortes über Champagne Ruinart dem Luxuskonzern LVMH.

1976 gründete François Secondé das gleichnamige Champagnerhaus in Sillery als „Vigneron indépendant“ mit 5,5 Hektar Reben. Gepflanzt wurde zu zwei Dritteln Pinot Noir und zu einem Drittel Chardonnay. Als 2018 der Gründer verstarb, übernahm der langjährige Chef de cave Jérôme Groslambert den Betrieb. Auch wenn nur gut 40.000 Flaschen produziert werden, gibt es immerhin acht Cuvées und zwei Coteaux Champenois. Es ist ein Portfolio ohne eine einzige schwache Stelle. Herausragend: Blanc de Blancs Grand Cru Sillery 2016. Der folgt der burgundischen Philosophie ein Weinberg (Les Puits), eine Traube, ein Jahrgang und wird zu 10 Prozent im neuen Holz ausgebaut. Sein Produzent nennt ihn „einen Chardonnay im Land des Pinot Noirs“. Der Champagner ist weniger floral als seine Verwandten von der Côte des Blancs, vielmehr kraftvoll, gut strukturiert und von einer deutlichen Länge (94 P.)

7. Pierre Gimonnet & Fils Millésime de Collection Vieillies Vignes de Chardonnay 2014

Auf der ProWein suche ich vor allem nach Neuentdeckungen, aber an Pierre Gimonnet kann man unmöglich vorbeigehen. Vor allem, wenn die Familie selbst das komplette aktuelle Repertoire vorstellt. Ihr wichtigstes Anliegen ist, dass ein Champagner seinen Ursprung verdeutlichen soll. Das heißt in diesem Fall: die nördliche Côte des Blancs. Also neben dem kühlen Cuis, dem Sitz von Gimonnet, vor allem die Grand Crus Oger, Chouilly und Cramant.

Die Familie ist ein Advokat der klassischen Assemblage, dennoch baut sie seit einigen Jahren ihre Crus auch separat aus. Angesichts der großen Klasse des Cramant Grand Cru 2016 schwankt man, welcher Philosophie man den Vorzug geben soll: dem Mono-Cru oder dem Blend. Doch letztlich überzeugt der neue Millésime de Collection 2014 (lediglich 1.172 Magnum) am meisten. Die Assemblage aus sehr alten Chardonnay-Anlagen in Cramant, Chouilly und Cuis war die gleiche wie beim Special Club, reifte freilich noch einmal deutlich länger „sur lattes“. Cremig, vielschichtig und mit der Salzigkeit der Kalkböden von Cramant. (95 P.).

Bildrechte

Eingangsbild: Messe Düsseldorf / ctillmann

Alle übrigen Fotos: Stefan Pegatzky / Time Tunnel Images

Kommentar

Your email address will not be published.

Zuletzt gepostet